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Fotos: Henrich Höers Speisezimmer

Henrich Höers Speisezimmer

im Hotel Höerhof
Obergasse 26
65510 Idstein
06126-50026

aktualisiert: 12 / 2022
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa von 12-13.30 Uhr u. ab 18 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Hauptgerichte: 27-48 €,
Menüs: 46-98 €

Die schlechte Nachricht zuerst: kurz nach unserem Testbesuch Anfang August erreichte uns die Nachricht, dass Sebastian Straub, der sich hier in den vergangenen Jahren als Küchenchef mit einem Kulinarium auf konstant hohem Niveau etablieren konnte, den Höerhof verlassen wird. Doch die positive Nachricht folgte schon wenig später, denn als Nachfolger konnte Günter Rönner verpflichtet werden, ein sehr guter und erfahrener Koch, der nach seiner erfolgreichen Zeit im Duisburger Akazienhof zwar immer wieder mal auf der kulinarischen Bildfläche aufgetaucht ist, sein Können hier und dort aber nie lange unter Beweis stellen konnte. Im bestens etablierten Höerhof könnte das nun anders werden, denn das von Gastgeberin Sabine Kogge kulinarisch ambitioniert geführte Haus bietet optimale Voraussetzungen für ihn und – so viel gleich vorweg – Günter Rönners Küche passt sehr gut hierher.

Der Platz ist malerisch und bietet ein tolles Setting für anspruchsvollen Genuss. Egal ob man im Sommer ein Plätzchen im lauschigen Innenhof dieses wunderschönen Fachwerkensembles ergattert, oder im ganz besonders reizvollen nostalgischen Ambiente des Restaurant Henrich Höers Speisezimmer mit Nischen, Erkern, altehrwürdigem Gebälk und auflockerndem Floral-Dekor speist: die bewegte Geschichte des 1621 erbauten Höerhofs kann man hier wie dort förmlich atmen, denn das Haus ist von außen wie von innen ein echtes Kleinod. Und mittendrin zeigte der neue Chef mit Röstzwiebelbutter zu zwei Sorten sehr gutem Bio-Brot und einem Amuse in Gestalt einer mit Panko-Panierung knusprig ausgebackenen Kalbsbäckchen-Praline, die von Blattpetersiliencreme, pikanter „Serbischer Butter“ und etwas aufgeschäumter Jus kraftvoll untermalt war, gleich mal sein Faible für herzhafte Aromen.

Das gelang beim Kaisergranat mit Blumenkohl, Curry und Dashi auch mit etwas exotischeren Aromen, wobei Günter Rönner hier dennoch so behutsam und überlegt vorging, dass dem zarten geflämmten Krustentier von seinen Begleitern nicht die Show gestohlen wurde. Insbesondere die elegante Proportionierung von Blumenkohl (Creme und geröstete „Brösel“), Dashigelee und Krustentierschaum, die außerdem von Kumquat sehr stimmig mit herben Orangenaroma akzentuiert wurden, erwirkte hier einen sehr souveränen Gesamteindruck.

Vor diesem Hintergrund war es etwas erstaunlich, dass bei einem der beiden vegetarischen Zwischengänge („Pilzboden“) des Gourmetmenüs – Günter Rönners Steckenpferd ist die Gemüseküche – ausgerechnet die suboptimalen Proportionen der einzelnen Komponenten das kleine Manko darstellten. Denn bei der Melange aus verschiedenen rohen, gebratenen, getrockneten und als Creme sowie „Erde“ zubereiteten Pilzen (Champignons, Kräutersaitling, Buchenpilze…), Lauchzwiebel (geröstet und als Öl), Preiselbeeren und Karottengrün, war es in erster Linie die viel zu üppige Menge an Ofenselleriepüree, die das Gericht nicht ganz so perfektioniert erscheinen ließ, wie die ersten Eindrücke. Ein partiell etwas sandig-knirschiges Mouthfeeling hier und da sorgte zwar für eine authentische Waldboden-Illusion, aber nicht unbedingt für gesteigerten Genussfaktor. Geschmacklich war das absolut stimmig, wenngleich das Gericht nach unserem Gusto hauptsächlich aus aromatischen Mitten bestand und ihm etwas die Tiefen und Höhen fehlten. Spaß hat das trotzdem gemacht.

Überraschend vielschichtig präsentierte sich danach ein ebenfalls vegetarischer Zwischengang, auch wenn der überwiegend aus Roter und Gelber Bete bestand. Denn es war beeindruckend, wie viele unterschiedliche Facetten Günter Rönner da aus der in ihrer Urform primär erdig-dumpfen Rübe rauszuholen vermochte. Und zwar nicht bloß wegen des markanten Rauchs, von dem die geschmeidige Suppe mit knackigen, cremigen und schmelzigen Komponenten als Einlage zunächst stark geprägt war. Auch Säure, Süße und Fruchtigkeit spielten hier eine entscheidende Rolle.

Dass der Chef nicht nur ein Händchen für Gemüse, sondern auch für Fleisch hat, bewies sodann der qualitativ sehr gute Rehrücken, der klassisch gebraten und mit perfekt gleichmäßigem Garpunkt, ganz ohne trockenen Rand, zusammen mit Schwarzwurzel (cremig, knusprig und knackig), Holunderbeeren und Kaffeearomen zum Besten gegeben wurde. Die hervorragend umgesetzte reduzierte Jus zeugte von blitzsauberem Handwerk, die balanciert aufeinander abgestimmten Aromen und Strukturen für überdurchschnittliches Kompositionsgeschick.

Und das bewies in besonderem Maße auch der Nachtisch, bei dem Birne und karamellisierte Schokolade von Verjus und fermentiertem schwarzem Knoblauch den entscheidenden Kniff bekamen, ohne sich dadurch von einem klassischen Dessert zu entfernen. Da spielte alles harmonisch und rund zusammen, hatte aber eben auch einen gewissen Spannungsbogen.

Ergänzt von den ausschließlich deutschen Weinempfehlungen, die Gastgeberin Sabine Kogge mit Kennerschaft und gutem Gespür zu den einzelnen Gängen auswählt, ist und bleibt das Kulinarium des Höerhofs also auch unter neuer Küchenleitung lohnend. Und das zu einem weiterhin günstigen Preis-Leistungsverhältnis.

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