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Dass Inhaber und Küchenchef Marcel Görke in dem auf charmante Weise kiezig wirkenden Heimatjuwel seit Jahren seiner Leidenschaft folgen kann, ohne dass ihm dabei jemand sagt, was er zu tun hat, führte zu einer äußerst positiven kulinarischen Entwicklung. Weil der Chef hier nämlich nun seine Vorliebe für regionale Produkte und insbesondere den kreativen Umgang mit Gemüse nach eigenen Vorstellungen umsetzt, entstand mit der Zeit ein auf unangestrengte Art immer ausgefeilter wirkender Stil, der sich auf den Tellern nicht nur in Gestalt starker Gesamtakkorde mit schöner geschmacklicher und textureller Balance präsentiert, sondern mittlerweile fast ausnahmslos vegetarisch. Und das, ohne dass man Fleisch und Fisch je an irgendeiner Stelle vermissen würde, selbst als überzeugter und leidenschaftlicher Omnivore...
Apropos Überzeugung: Man hat hier auch zu keiner Zeit auch nur ansatzweise das Gefühl, Marcel Görke würde bloß den aktuellen Trends von Vegetarismus und Nachhaltigkeit hinterherhecheln. Man nimmt ihm seine schon seit Jahren glaubhaft gelebte Philosophie einer sehr bewussten, streng saisonalen, im besten Sinne „grünen“ Küche unumwunden ab. Und freut sich über ein konsequentes „Farm to table“-Konzept, das nicht nur ein gutes ökologisches Gefühl vermittelt, sondern sehr gekonnt auch alle Sinne des anspruchsvollen Gourmets anspricht.
Beim Menü, dessen Gänge mit Aromenfarben betitelt sind, muss man sich als Gast im Grunde nur zwischen fünf oder sechs Gängen sowie beim Hauptgang für die vegetarische oder nicht-vegetarische Alternative entscheiden. Es begann in unserem Fall nicht nur mit hervorragendem Sauerteigbrot und einer aromatischen, aber unaufdringlichen Bärlauch-Margarine, sondern auch mit kleinen „Snacks aus dem Gemüsegarten“, unter denen neben einem saftigen herzhaften Gugelhupf mit Füllung aus Rotkrautcreme insbesondere das filigrane dekonstruierte Smørrebrød herausstach.
Wie wohl sich der Chef im Gemüsegarten fühlt, zeigte auch das gelungene vegetarische Amuse, ein mit Estragoneis gekröntes Karottentatar, dessen nussige Seite noch von gerösteten Sonnenblumenkernen verstärkt und mit Schnittlauchöl grünfrisch in Schach gehalten wurde. Aber auch die erste Vorspeise, die mindestens genau so gut, originell und facettenreich schmeckte, wie sie aussah, zeugte vom Görkes Fingerspitzengefühl für Gemüse: Hier konnte sich nämlich Chicorée in roh marinierter, in Rotwein geschmorter und angerösteter Form gleich von drei unterschiedlichen Seiten präsentieren und wurde von vier ebenso klar geordnet wie wild durcheinander in dünnen Spuren aufgetragenen Cremes (Sanddorn, Rotwein, Kräuter und Buchweizen) vielschichtig unterstützt und akzentuiert. Bärlauchkapern und gerösteter Buchweizen brachten gemeinsam mit etwas Sauerampfer noch weitere Facetten ins Spiel, so dass man es hier mit einem erstaunlich komplexen Auftakt zu tun hatte.
Eine eingelegte und geräucherte Kartoffel mit interessant herausgekitzeltem Eigengeschmack ließ im Anschluss daran in Kombination mit Champignon als roh gehobelte Scheiben, Creme und kraftvoller Sud ein breites, umamistarkes Geschmacksbild vermuten, das aber durch Vogelmiere bzw. Postelein und vor allem das versteckte Zutun von Geleekügelchen aus Bieressig angenehm verschlankt und raffiniert aufgebrochen wurde.
Und auch bei den Varianten vom Kürbis, die als dünne eingelegte Scheiben, geschmorte Stücke und als Creme auf dem Teller zugegen waren, gelang es sehr gut, das gemeinhin schnell zur Breitseite und Behäbigkeit neigende Gemüse zu einem überraschend zugespitzten und dynamischen Auftritt zu verhelfen. Zum einen durch hauchdünne knackig-saftige Tranchen von der Sauerkleewurzel, zum anderen auch durch eine säuerlich abgeschmeckte Sauce von schwarzem fermentiertem Knoblauch, die zudem das sonst fast immer karamellig süß daherkommende Würzmittel mal von einer ganz anderen Seite präsentierte. Geröstete Kürbiskerne fügten sich da auch nicht bloß als knusprige Textur ein, sondern verstärken kongenial das Nussige des Kürbisses.
Wie feinmotorisch die Darbietungen von Marcel Görke gegenüber sehr vielen anderen „Gemüseküchen“ sind, zeigte beispielhaft auch das folgende Intermezzo in Gestalt eines wirklich fragil hauchdünnen knusprigen Zylinders, der mit sublimer Selleriecreme gefüllt war, welcher gehobelter Deichkäse und Kaffeestaub zu einem auch aromatisch prononcierten Auftritt verhalfen. Aber auch wenn man sich dann zum Hauptgang doch für den einzigen optionalen nicht-vegetarischen Gang entscheidet und ein akkurat im Noriblatt als Zylinder eingewickeltes und punktgenau glasig gegartes Lachsforellenfilet nebst Tatar und Kaviar der Lachsforelle serviert wird, bekommt man es mit einer sehr eleganten, wohlproportionierten und geschmacklich sensibel abgestimmten Küche zu tun. Den Fisch begleitete Pastinake als Creme, als eine gegarte Scheibe, die als Sockel für das Tatar diente, sowie als moderat scharfes Kimchi. Eine leichte, unaufdringliche Jalapeño-Sauce ergänzte das Ganze mit herber grüner Frische und moderater Schärfe äußerst gewinnbringend.
Ebenfalls ansprechend und originell, wenngleich aber nicht ganz so ausgefeilt wie die übrigen Gänge, präsentierte sich das süße Finale mit einer haptisch etwas sperrigen Kreation von Topinambur, Cassis, Hanf und Fichtensprosse, unter anderem als Macaron, Baiser und Sorbet. Auch der Nachtisch von Eifler Ziegenfrischkäse mit eingelegter Schwarzer Walnuss und Eis vom Knäckebrot konnte zwar nicht ganz mit den vorausgegangenen Darbietungen mithalten, als dennoch sehr schmackhafter Abschluss aber nicht den hervorragenden Gesamteindruck trüben. Den prägen auch der erfrischend unkomplizierte, jederzeit aufmerksame Service, das Wein- und Getränkeangebot sowie last but not least das hervorragende Preis-Genuss-Verhältnis.
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