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Fotos: Restaurant / S. Perrone

Hannappel

Dahlhauser Str. 173
45279 Essen (Horst)
0201-534506

aktualisiert: 02 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 17.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 100-139 €

Das Restaurant Hannappel im beschaulichen Essener Stadtteil Horst war in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten in ständigem Wandel. Und Anfang 2025 begann ein neues Kapitel in der langen Geschichte dieser ehemaligen Bergmannskneipe, die sich unter der Leitung von Knut Hannappel sukzessive zum anspruchsvollen Gourmetrestaurant entwickelt hat. Der namensgebende Chef, der das Lokal seinerzeit von den Eltern übernommen und dreißig Jahre lang erfolgreich geführt hat, gab sein Lebenswerk jetzt in die Hände der beiden neuen Inhaber Tobias Weyers und René Sampaio, die beide schon als Küchenchef beziehungsweise Restaurantleiter die jüngste Vergangenheit des Traditionshaus mitgestaltet hatten.  

Weyers insbesondere mit seiner kreativen, modernen Kulinarik, die nur aus weiter Entfernung und mit flüchtigem Blick wie „Nova Regio“-Naturküche nach skandinavischem Vorbild aussieht. Natürlich nutzt der Chef einige Techniken wie beispielsweise das Fermentieren, Reifen, Einlegen, Gemüse wie Kräuter spielen eine nicht unwichtige Rolle und der Stil ist eher puristisch und schlank. Dennoch handelt es sich weder um eine streng regionale noch um eine nordisch-karge Küche und was man hier im Rahmen des sechsgängigen Menüs serviert bekommt, hat auch eine sehr eigene Note. Im Grunde zeichnen sich fast alle Kreationen bei aller Leichtigkeit und Frische auch durch eine gewisse Vollmundigkeit und Tiefe aus. Man muss weder schräge Experimente noch freudlosen Produktminimalismus fürchten, sondern bekommt immer viel guten Geschmack geboten.       

Saftig, voll und soulfoodig, trotzdem fein ausdifferenziert, leicht und frisch, weckten schon die beiden als unkompliziertes Fingerfood arrangierten Knusperzylinder im Vorprogramm die Sinne: Kaninchentatar, Rettich, Kresse und Apfel, oder die mit leicht pikanter Schärfe den Gaumen kitzelnden Nordseekrabben mit Frischkäse, Pistazie und Schweineschwarten-Popcorn. Kleine in Ceviche-Sud eingelegte Garnelen, geröstete Haselnuss, Frisée und Bärlauchmayo wurden im erfrischenden Schmelz einer mit Yuzu zitrisch zugespitzten Beurre blanc zuletzt als weiterer Gruß aus der Küche ebenfalls gefällig, rund und harmonisch vereint.

Wie elaboriert und filigran Tobias Weyers Kreationen bisweilen sind, verdeutlichte die Vorspeise, in deren Mittelpunkt herrlich frisch, klar und krustentiersüß schmeckendes, roh mariniertes Fleisch vom Kaisergranat stand. Das war dünn wie Carpaccio als runde Scheibe ausgelegt und mit Kohlrabi-Stiften, Sauerklee-Komponenten und Meerrettichcreme-Tupfen äußerst feinsinnig und filigran appliziert, außerdem mit einer Vinaigrette von Kürbis und Mandarine umgossen. Ein sehr ausbalanciertes und elegantes, trotzdem aber markantes Geschmacksbild mit einem so subtilen Spiel aus Süße, Säure und Schärfe, dass das ansonsten nur mit etwas Limettenschalenabrieb aromatisierte glasige Krustentierfleisch der Star auf dem Teller blieb.

Das hundertprozentig ausgewogene Aromenspiel funktionierte auch mit höherem Powerlevel ganz hervorragend, wie man bei dem mit einer Pistazienfarce zum Medaillon geformten Saint-Pierre in festfleischiger Idealform schmecken konnte. Der war auf einem kraftvollen Saucenduett aus intensivem Hühnerfond und Vin-Jaune-Schaum angerichtet und ansonsten nur noch von einem kleinen Kopfsalatbouquet gekrönt. Und es funktioniert auch rein vegetarisch, etwa mit Stangen von zunächst in fermentiertem Honig gegarter und dann angegrillter oder per Bunsenbrenner befeuerter Schwarzwurzel auf einer Creme von derselben platziert und mit fermentiertem Honig, Champignons, Totentrompetenpilz und Schildampfer bestückt. Hier gelang es mittels des feinen käsigen Umami-Schmelzes einer Comté-Sauce, die süßlichen und erdigen Noten einzufangen und herzhaft auszubalancieren, so dass wieder ein sehr ausgeglichener Akkord entstehen konnte.

Unbedingt erwähnenswert sind im Hannappel auch die alkoholfreien Begleitgetränke, die allesamt selbst hergestellt und maßgenau auf das jeweilige Gericht abgestimmt werden. Ein schlanker Saft von Quitte und Kamille mit Schaum von grüner Paprika zur Vorspeise mit Kaisergranat beispielsweise, oder ein rauchig-zitrisches Getränk mit der erdigen Süße von violetter Karotte, Salzzitrone und schwarzem Tee zum St. Pierre. Eine Limonade von Johannisbeere und Dill gab es als Eskorte zum mit Lack von Apfel und Whisky eingelassenen, dünn aufgeschnittenen Rohfleisch von Rind, das über ein mit Sauerkrautsaft rahmig gekochtes Kartoffelrisotto drapiert wurde. Junge Sellerietriebe und frischer Meerrettich verliehen dem relativ schlicht anmutenden Gericht einen dezenten ätherischen Oberton und damit eine spannende Dynamik.

Mit kross gebratenem Fettdeckel geschmackspushend verstärkter Lammrücken stand als ausdrucksvolles, eigenaromatisches Produkt im Zentrum des Hauptgangs und wurde von Topinamburcreme, geflämmten Perlzwiebeln und Kirschen ebenfalls überraschend spannend und lebhaft umspielt – eine mit Kirschessig angespitzte Jus gab der Kreation zudem eine markant akzentuierte Note. Viele verschiedene rote Beeren ließen das zugehörige Begleitgetränk auf den ersten Schluck zwar sehr fruchtsüß wirken, mit der Säure von Rhabarber, aber auch einer gewissen Würze und Salzigkeit wurde hier aber wieder sehr geschickt nicht nur ein Spannungsbogen aufgezogen, sondern auch ausgleichende Balance geschaffen.

Und ganz ähnlich wie bei diesem Begleitgetränk gelang es schließlich der Patisserie auch beim Dessert rund um die Leitprodukte Schokolade, Karamell und Milch, in ein grundsätzlich sehr süßes und molliges Geschmacksbild viel Dynamik und Spannung zu integrieren. Hier in Form rauchiger Aromen von Lapsang Souchong in der schokoladigen Mousse, von erdiger schwarzer Trüffel im Milchrahmeis, von Fruchtigkeit und Säure in der Karamellsauce und überhaupt auch wieder einer raffinierten hintergründigen Salzigkeit, die den trotzdem vollkommen harmonisch-runden Nachtisch noch mehr Tiefe und letzten Endes das gewisse Etwas verlieh.

So lässt sich abschließend gar nicht so ganz genau sagen, was denn aktuell für den Sprung auf 9 Pfannen fehlt. Es ist jedenfalls nicht viel. Noch ein kleines bisschen mehr Entschlossenheit auf manchem Teller vielleicht, den einen oder anderen etwas markanteren Akzent womöglich, deutlichere Produktpräsenz und noch etwas höhere Produktexzellenz in manchem Fall… Es scheint jedenfalls aktuell nur eine Frage der Zeit zu sein, bis für die Küche des Hannappel das nächste Level in unserem Bewertungs-Ranking erreicht ist!

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