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Fotos: Haerlin / Gusto

Haerlin

im Hotel Vier Jahreszeiten
Neuer Jungfernstieg 9-14
20354 Hamburg (Neustadt)
040-34940

aktualisiert: 06 / 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 325-520 €

Das Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg als eines der prägendsten europäischen Grandhotels ist legendär. Noch beachtlicher als die bis ins Jahr 1897 zurückreichende Historie ist aber, wie es das Traditionshaus schafft, bis heute zwar zurecht stolz auf seine Geschichte, zugleich aber voll am Puls der Zeit zu sein. Und was für das gesamte Haus gilt, trifft genauso auch auf dessen Gourmetrestaurant zu. Obwohl das Haerlin sich mit seinem noblen Salonambiente und dem formvollendeten Service absolut klassisch gibt und auch die Küche von Christoph Rüffer ganz klar auf der französischen Haute-Cuisine basiert, wirken die exakt und elegant gestalteten Gerichte absolut frisch und up to date, oft sogar mit mutig individuellen Ideen richtig kreativ.

Ein Besuch garantiert also einerseits viel Noblesse inklusive des perfekt geschulten und choreografierten Service, für den das Vier Jahreszeiten bekannt ist. Vor allem aber auch eine ebenso einfallsreich wie exakt mit allerbesten Produkten auf höchstem Niveau spielende Küche. Seit neuestem kann man das Team zum Aperitif sogar live erleben und sich mit den ersten Kleinigkeiten direkt an dem Ort einstimmen, an dem die Köstlichkeiten für das folgende Menü entstehen. Eine gute Idee, um das Küchenteam etwas näher an die Gäste zu rücken und diesen einen aufgelockerten Einstieg in den Abend zu ermöglichen.

Wobei das, egal ob am Pass in der Küche oder später am Tisch im Restaurant, auch die ersten Miniaturen selbst sehr gut schaffen. Zuletzt vor allem mit einem luftig-knusprigen Gougères mit Kartoffel-Nussbutterfüllung, Kaviar, Fingerlimes und Wasabi als pointierten Knaller. Aber auch bei der frischgrünen Kombination von Kopfsalat (knusprig und als Eis) mit Estragon und einem grünen Gazpachosud oder der aromatisch ebenfalls „herb-grün“ gehaltenen, im Champagnersud pochierten Irischen Auster mit Gurkenschaum gelang das eindrucksvoll.

Für alle Gäste dann am Tisch folgte eine weitere Einstimmung auf das sechsgängige, mit fünf weiteren Kreationen austauschbare oder erweiterbare Menü: Mit einem hellroten, pur und frisch gehaltenen Rindertatar unter filigranem Kartoffelcrunch interpretierte das Team hier eine klassische Kombination, die aber durch ein Stück von in Sojalack glasiertem Aal, einer feinwürzigen Aal-Mayonnaise und einem mild rauchigen Aalfond auf sehr feinsinnige Art mit Power und Charakter versehen wurde.

Der erste offizielle Gang des Menüs brachte dann allerdings ein alles andere als klassisches Kontrastfeuerwerk: Neben exzellentem, homogen zartem, nussig-süßlichem Helgoländer Hummer in Tomatenöl und kleinen Melonenkügelchen sorgten eine forsch geschärfte Avocado- Jalapeño-Creme und eine dunkle Tomaten-Vanillereduktion für sehr markante Kontraste – einmal frischgrün und scharf und einmal mit viel Umami, Konzentration und üppigem Vanilleduft. Daneben brachte ein kunstvoll geformter Gelee-Cannellono mit Tatar aus dem Scherenfleisch des Hummers und einem Topping aus Avocadocreme und verschiedenen Kräutern und Blüten wieder mehr Filigranität und Frische ins Spiel. Insgesamt dominierten allerdings dennoch die knalligen Kontraste den Eindruck – sogar hart an der Grenze, den Premium-Hummer zumindest teilweise in den Schatten zu stellen…

Derartige Fragen zu kleinen Nuancen bei der Feinabstimmung waren aber beim nächsten Gang direkt wie weggeblasen, der als ein mediterraner Traum in orange-gelb aromatisch sehr eindrucksvoll nach Nordspanien entführte: Im Mittelpunkt stand hier ein saftig intensives Doppelfilet von der Rotbarbe neben einer Sabayon aus dem Saft gegrillter Paprika, etwas Chorizoöl und einem konzentriert jodig-würzigen Pastissud aus den Karkassen der Rotbarbe. Den nötigen Hauch von Frische steuerte etwas dünn gehobelter und ätherisch mit Zitruszesten verfeinerter Fenchel bei und lieferte mit einer Nocke zarter Krokus-Polenta auch gleich noch einen milderen Ausgleich zu den ansonsten allesamt hochkonzentrierten Komponenten mit. Extrem stark und eines der besten Fischgerichte des Jahres!

Da hatte es der folgende Steinbutt direkt ein bisschen schwer, obwohl er rein qualitativ und mit seiner glasigen, festfleischigen und dennoch zarten Konsistenz voll punkten konnte. Minimale Abstriche gab es aber durch die starke und homogene Salzigkeit an dem noblen Plattfisch (vielleicht durch das Würzen in Lake?). So wurde die ansonsten sehr feinsinnig arrangierte Kombination mit elastisch-zarten Pulpostücken, knackigen kleinen Erbsen und „Sauce Grasse“ sowie einem stoffigen Thymian-Pulpo-Sud, die sehr elegant zwischen jodig, kräuterduftig und grün-vegetabil changierte, minimal irritiert.

Ganz ohne auch nur den kleinsten Hauch von Irritation ging es dafür dann im Hauptgang weiter, der farben- und aromenfroh eine saftige (an der Karkasse gegarte) Wachtelbrust mit zarter Kräuterfarce-Füllung und knuspriger sojawürziger Haut neben ein säuerlich fruchtiges Apfel-Rhabarber-Confit und ein ätherisches Kohlrabi-Täschchen mit Füllung aus Kohlrabi und Fourme d‘Ambert stellte. Die feine Würze des Blauschimmelkäses korrespondierte dann, obgleich nur dezent integriert, hervorragend mit einer aufgeschäumten Sauce Vin Jaune, die stoffig und mit den typischen oxidativen Noten des Jura-Weins den Teller zusammen mit etwas Geflügeljus abrundete.

Den Übergang ins Süße schaffte ein intensiv duftendes Vanille-Spaghettieis mit gerösteten Haselnüssen und Walderdbeeren als nicht weniger intensives Topping, die von einem transparent destillierten Erdbeersud mit zarter Frucht und Frische untermalt wurden. Sehr fein! Und eine perfekte Vorbereitung auf das deutlich komplexer und hintergründiger angelegte Hauptdessert, das tatsächlich mit zu den spannendsten süßen Ideen des Jahres zählte. Im Mittelpunkt stand hier die Heidelbeere in verschiedenen, mal eher dunkelfruchtig, mal eher herbsäuerlich gehaltenen Texturen, die gemeinsam mit Fake-Heidelbeeren mit einer Füllung aus Heidelbeer-Joghurteis über einer Joghurtcreme mit etwas karamellisiertem Speck angerichtet waren. Dazwischen verstärkten geeiste Fichtensprossenperlen den waldig-herben Charakter des Nachtischs, während ein fein floral duftender Rosensud den verbindenden Rahmen schaffte. Klingt wild und war auch wild – aber auf eine äußerst fein balancierte Art und Weise, die hintergründig viele unterschiedliche Facetten von Frucht, Säure und Würze ins Spiel brachte und außerdem noch von einem konzentrierten Heidelbeer-Rosenfond mit kleinen zarten Topfenknödeln verführerisch ergänzt wurde.

Über das gesamte Menü hinweg war dieser letzte Besuch wahrscheinlich nicht der konstanteste der letzten Jahre, aber sicher einer der stilistisch mutigsten, was neben minimalen Unstimmigkeiten eben auch sehr markante Highlights auf allerhöchstem Niveau mitbrachte und damit die aktuelle Bewertung ganz ohne Zweifel bestätigen konnte. Außerdem ist uns Originalität im Zweifel lieber als perfektionierte Langeweile.

Ebenfalls völlig außer Frage steht die Expertise der Damen und Herren rund um Restaurantleiter Marius Jürke und Sommelier Christian Scholz, die nicht nur eloquent und charmant durch den Abend führen, sondern mit einem der größten Weinkeller Europas im Rücken auch beinahe jeden vinophilen Wunsch erfüllen können. Bis hin zu exklusiven Raritäten, die dank Coravin-System auch glasweise probiert werden können.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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