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Fotos: Haerlin / Gusto

Haerlin

im Hotel Vier Jahreszeiten
Neuer Jungfernstieg 9-14
20354 Hamburg (Neustadt)
040-34940

aktualisiert: 07 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 295 €

Im sehr luxuriös und für hanseatische Verhältnisse sogar auch schon fast ein klein wenig pompös gestalteten Gourmetrestaurant der Hamburger Hotel-Ikone Vier Jahreszeiten an der Binnenalster versteht man es in jeder Hinsicht, Tradition und Moderne geschmackvoll und unverkrampft auf einen Nenner zu bringen. Das trifft schon auf den einstmals altvorderen Speisesaal zu, der mit seiner Neugestaltung vor einigen Jahren aufwendig und kostspielig modernisiert wurde und sich seither zwar weiterhin höchst klassisch und elegant, aber eben trotzdem auch sehr zeitgemäß präsentiert. Es wird auch von der jungen Servicebrigade unterstrichen, die hier bei aller angebrachter Distinguiertheit auch jungen Schwung in die Bude bringt und es entspricht der modern und bisweilen sogar (mal mehr und mal weniger) kreativ interpretierten klassischen Küche von Christoph Rüffer.

Aus der Vergangenheit wissen wir, dass sich das Kreativitätslevel im Haerlin über die Jahre wellenartig fortbewegt und auf eine progressivere Phase mit vielen mutigen, originellen Kompositionen irgendwann auch mal wieder eine eher klassische Phase mit gediegeneren Ideen folgt. Bei unserem letzten Testbesuch erlebten wir Christoph Rüffers Küche zur Abwechslung mal wieder etwas gemächlicher und die Geschmacksbilder der Kreationen wirkten erwartbarer. Auf den allesamt akkurat angerichteten und bildschön präsentierten Tellern ging es also etwas weniger dynamisch und originell zu – qualitativ gesehen aber kein bisschen schwächer als in der Vergangenheit. Christoph Rüffer achtet auch weiterhin auf eine sinnvolle Dramaturgie, beginnt zunächst etwas leiser und zurückhaltender und fährt im Laufe seines sechsgängigen Menüs mit Auswahlmöglichkeit bei Vorspeise, Hauptgang und Dessert erst ganz allmählich die Regler weiter hoch.

Mit den drei Apero-Petitessen wurde also klugerweise aromatisch noch sehr zurückhaltend performt und das Amuse-Bouche um schmelzig zarten warmgeräucherten Fjordlachs mit Gurken-Senfkorn-Vinaigrette und Zwergradieschen bediente trotz Tamarindenaroma an der Hollandaise ein sehr klassisches Geschmacksbild. Was für ein feinsinniger Komponist Christoph Rüffer ist und mit welch traumwandlerischer Sicherheit er eigentlich markante Aromen bisweilen zu eleganten Symphonien werden lässt, bewies die Vorspeise mit Kleingezupftem und Medaillons von der Königskrabbe sowie sehr mild gesalzenem hellem Imperial-Kaviar, die in schönstem Einklang von Verveine und einem subtil mit Safran aromatisierten klaren Krustentierensud bespielt wurden.

Die gerade zum perfekten Zeitpunkt aus der Pfanne oder der entsprechenden Hitzequelle auf den Teller überführte Seezunge teilte sich diesen in optimalem Garzustand zwischen Festfleischigkeit und Zartheit mit ebenfalls exakt gegartem Lauch, gegrillten sowie zur Creme verarbeiteten Artischockenherzen und etwas Kresse. Der Clou waren hier aber die Limonenvinaigrette und der durchaus markant mit Wacholder aromatisierte Nussbutterschaum, respektive der Zusammenfluss aus beiden, die eine kongeniale Saucenallianz bildeten und so etwas wie unser Menühighlight waren.

Die schönsten Frühlingsboten überhaupt, nämlich Spitzmorcheln, frische Erbsen und weißer Spargel, kamen samt kleiner, mit einer Farce aus Spargel und Erbsen gefüllter Tortelli in einem mit Sherry abgeschmeckten Morchelsud daher. Ein weiterer Frühlingsbote, den wir normalerweise nicht ganz so heiß herbeisehnen, weil er vielerorts, sobald er wuchert, inflationär und meist penetrant verwurstet wird, war hier in Form eines Öls nur sehr zart und elegant zugegen und gab dem Ganzen mehr einen Hauch von grasiger Hintergrundwürze, als sich vorlaut aufzudrängen. Und anders hätten wir das bei Christoph Rüffer ehrlich gesagt auch gar nicht erwartet.

Und weil wir dessen Kochkünste nun schon so lange kennen und schätzen, hätten wir uns von der Taube im Hauptgang wiederum etwas mehr erhofft. Einerseits was das Produkt selbst angeht, andererseits aber auch die Komposition betreffend, blieb das Ganze nämlich – Achtung: Kritik auf sehr hohem Niveau! – etwas ausdruckslos. Angefangen vom nicht ganz optimalen und ungleichmäßigen Garzustand und der leicht zähen Haut der Brust, über das nach unserem Geschmack einen Tick zu mürbe und trockene (glasierte und mit gepufftem Amaranth beflockte) Keulenfleisch, bis hin zur etwas leimigen Taubenjus mit dezenter Madeiranote, deren Geschmack auch nicht ganz so klar und gestochen scharf war, wie man es in einem mit 10 Pfannen ausgezeichneten Restaurant erwartet. Dass das alles trotzdem noch ausgesprochen gut geschmeckt hat, muss man eigentlich ebensowenig unterstreichen wie die Tatsache, dass natürlich auch der Perlgraupenrisotto, die Gelbe-Rüben-Creme und die kleinen Stücke von der Puntarelle ein sehr harmonisches und schmackhaftes Beiwerk abgaben, obwohl wir kritisieren, dass das sehr brav und akzentfrei war. Da ist man von Christoph Rüffer im Normalfall nämlich mehr Mut gewöhnt.

Und um das Unangenehme nun endlich hinter uns bringen zu können, wollen wir auch noch ganz schnell anmerken, dass das österliche Vordessert um ein mit Passionsfrucht gefülles Osterei aus Kakaobutter nebst Eierliköreis, Kumquats, Mango-Passionsfruchtragout und knusprigem Kokosmark auch kein großer Wurf und schlichtweg etwas langweilig war. Was noch nicht mal an der Zusammenstellung selbst, sondern an ihrer aromatischen Blässe lag. Was dann aber mit dem richtigen Dessert um Dreierlei vom Rhabarber schnell wieder vergessen war. Denn insbesondere die mit einem wirklich originellen Rahmeis aus den Aromen von Zedernholz und Whiskey getoppte Rhabarber-Rosette auf Griesflammeri, aber auch das Schichtwerk von Rhabarbersorbet, Quarkmousse und Weizengras-Granité, waren schon eine ganz andere Nummer.

Aber wie wir es aus der Vergangenheit ja schon kennen, wird sich das Kulinarium beim nächsten Mal höchstwahrscheinlich wieder inspiriert und voll auf der Höhe präsentieren. Und auf der ist auch der Weinservice von Christian Scholz, der hier nicht einfach auf Nummer Sicher geht und auf die massenhaft in der Weinkarte vorhandenen großen Klassiker zurückgreift, sondern für seine glasweisen Empfehlungen mit Vorliebe unkonventionelleren Tropfen aus unbekannteren Regionen den Vorzug gibt. Das Schöne an der von ihm kuratierten Weinkarte ist ohnehin, dass man sich auf der einen Seite mit den Montragets und Romanées dieser Welt verausgaben kann, sofern man das möchte und sich das leisten kann, dass man auf der anderen Seite aber auch jede Menge reeller und für ein Haus dieser Klasse sogar ausgesprochen moderat kalkulierter Gewächse findet.

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