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Fotos: Golvet

Golvet

Potsdamer Str. 58
10785 Berlin
030-89064222

aktualisiert: 03 / 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 160-185 €

Wer das erste Mal auf dem Weg ins Golvet ist, unten am Einlass klingelt, dann mit dem Aufzug hinauf in die oberste Etage fährt und dort mit treibenden Elektrobeats im Hintergrund das weitläufige Restaurant betritt, könnte kurz glauben, nicht in einem Fine-Dining-Lokal, sondern in der Berliner Clubszene gelandet zu sein. Aber nur kurz, denn die offen einsehbare Küche und das auf lässige Art perfekt eingespielte Serviceteam machen dann doch schnell klar, worum es hier eigentlich geht. Was bleibt ist eine gewisse stylisch-coole Clubatmosphäre mit eindrucksvollem Panorama über die City. Aber am Ende steht genau das im Mittelpunkt, was das konzentriert arbeitende Team aus der Küche an die Tische bringt.

Und das kann sich sehen und schmecken lassen! Mit einer beeindruckend feingliedrigen und detailgenauen Handschrift, spannenden Ideen und hervorragenden Produkten liefert das Team um Küchenchef Jonas Zörner immer wieder Gerichte, die locker auch eine Bewertung von 8 Pfannen rechtfertigen würden. Dazwischen liegen zwar immer auch einige Teller, die ein klein wenig mehr Feintuning bräuchten, um auf dieses Bewertungslevel zu kommen, aber eine spannende und niveauvolle Genussreise auf hohem Niveau (auch vegetarisch!) garantiert ein Besuch so oder so.

Erste Station dieser Reise sind stets die einstimmenden Kleinigkeiten, die zuletzt mit einem fluffigen Krapfen mit Bergkäsecreme, kleinen Kartoffelcroûtons, Gemüsebrunoises und einer überraschenden feinen Säurespur sowie einer Eierschale mit Herbsttrompetenragout und Feige unter Miso-Hollandaise in ihrer laserscharf zugespitzten Art die Messlatte schon mal ziemlich hoch anlegten – von einem weiteren Amuse in Form eines clever nur dünn am Boden eines Schälchens aufgetragenen Chawanmushi aber sogar noch getoppt wurden. Dessen runder Umamigeschmack wurde von einer dichten Muschel-Beurre Blanc mit Einlage aus Schwertmuschel, Ochsenmark und feinen grünen Algennoten erweitert und so ergab sich eine kraftvoll elegante Melange mit enorm viel (differenzierter) Umamikraft und Jodigkeit.

Noch eine Stufe mehr Komplexität brachte dann der erste Gang rund um Kürbis, bei der mit Butternut, Muskat und Hokkaido drei Varietäten als flache Mousse, knackige Würfel und hauchdünne geflämmte Scheiben arrangiert wurden. Schon allein das brachte eine feine Abstufung auf engem Raum, nussig-salzige Kürbiskerncrumbles betonten dazu die nussigen Seiten des Kürbisses, kleine Physalisspalten die fruchtige Seite und gab der Komposition auch noch einen zusätzlichen Säurekick. Eine transparente Vinaigrette aus Kernöl und Estragon verband die Nussigkeit kongenial mit einer duftig-ätherischen Kräutrigkeit. Super!

Zunächst eher zierlich und unscheinbar wirkte die Mini-Artischocke im Zentrum des nächsten Tellers. Aber das täuschte gewaltig, denn die duftig feinsäuerliche Poverade bündelte mit ihrer Füllung aus Meerrettichcreme, confierter Zitronenschale und Artischockenchips erneut viele intensive Aromen auf engem Raum, bekam dabei von frischem Meerrettich einen schneidig-scharfen Boost, der aber durch eine eher runde und sanfte Zitronenthymian-Dashibrühe drumherum wieder harmonisiert wurde.

Die erste kleine Unwucht gab es beim in Lardo und Mangold knapp glasig gegarten Müritzhecht. Zwar war dieser ebenso akkurat wie feinfühlig eingefasst, erfrischt von säuerlich-salzig eingelegten Mangoldstielen und frischem Babymangold. Die proportional große Menge einer für sich ebenfalls hervorragenden tiefsüß-runden Essenz aus hälftig karamellisierter und hälftig heller Roscoff-Zwiebel stahl dem Fisch aber letztlich mit ihrer ungebändigten Kraft und Wucht ein bisschen die Show.

Umso harmonischer und schwelgerischer wirkte danach die sanft in Butter gebratene Krause Glucke, die mit ihrem fleischigen Biss und mildem waldigem Charakter als Transporteur für zarte Würfelchen aus Kalbskopfgelee und eine feinwürzig elegante Vin-Jaune-Sauce mit reichlich Einlage aus Kalbskopf- und Bäckchen, Senfsaat und Majoran diente. Das schaffte auf hochelegante und dennoch zupackende Art tatsächlich gewisse Assoziationen an ein Zürcher Geschnetzeltes, ließ dieses aber in Feinheit und Finesse um Welten hinter sich zurück.

Auch die mit einem intensiven Aroma und fein schmelzendem Fett unter der golden knusprigen Haut betörende Moularde (Entenart) im Hauptgang stand mit zwischen hell-würzig und frischgrün angesiedelten Selleriezubereitungen aus Knolle und Blatt, frittierten Kapern und einer tiefschürfenden Sauce Rouenaisse in einem klassischen Kontext, interpretierte diesen aber durch die dynamisch und frisch wirkenden Selleriezubereitungen und die feinen Details sehr überzeugend auf modern und neu wirkende Art.

Den Übergang ins Süße schaffte die Kombination der alten Apfelsorte „Finkenwerder Herbstprinz“ als kleinwürfeliges Ragout und knackig roh marinierte Scheiben auf einer Haselnusscreme, einem betont frischsäuerlichen Joghurtsorbet und ätherischen Fenchelspitzen gemeinsam mit gepopptem Getreide und Hafer, bevor es zum Finale noch einmal mutig kreativ wurde. Das abschließende Dessert nämlich verhalf in Gestalt von nussigem Sesameis in kompakt cremiger Konsistenz auf weißen Schokocrumbles nebst einer vanilleduftigen, locker aufgeschlagenen weißen Schokoladensauce und einem zarten Geleeriegel aus roter Traube mit weißen Schokoperlen intus, der betäubend prickelnden Schärfe von Szechuanpfeffer und dem frischem Anisduft von Atsinakresse zu einem ebenso ungewöhnlichen wie dynamisch-feinen Eindruck.

Passend zur chilligen Clubatmosphäre im Restaurant gibt es zu den Gerichten nicht nur ausgezeichnete, oft ungewöhnliche und immer niveauvolle Weinempfehlungen von Sommelier Andrea Agosta, sondern wahlweise auch eigens auf die Gerichte abgestimmte Cocktails aus der Hand von José Kolbe als spannende Alternative.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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