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| Mo-Fr von 12.30-13.45 Uhr u. ab 19 Uhr, Sa u. So Ruhetag, |
| Hauptgerichte: 48-72 €, Menüs: 135-244 € |
Da wir in unseren Kritiken grundsätzlich viel lieber begeistert von hervorragenden kulinarischen Erlebnissen berichten, als detailliert eine Herabstufung der Bewertung begründen zu müssen, freut es uns in diesem Jahr ganz besonders, dass wir die Küche des GästeHaus Klaus Erfort diesmal wieder in einem starken Aufwärtstrend erlebten. Nach der leider unumgänglichen Abwertung in der letzten Testsaison konnten wir die Auszeichnung schon in diesem Jahr wieder guten Gewissens nach oben korrigieren.
Es war zwar absolut nicht so, dass wir in den schlicht und schnörkellos eingerichteten hohen Räumen der repräsentativen Stadtvilla mit ihrem schönen Parkettboden und in weitem Abstand voneinander aufgestellten runden Tischen, die letzten Male nicht auch immer sehr gut gegessen hätten. Aber gerade im Vergleich zu früheren Zeiten vermissten wir an vielen Stellen schon den letzten Schliff, insbesondere die handwerkliche Genauigkeit und die geschmackliche Tiefenschärfe, die wir nun mal für eine Höchstbewertung voraussetzen müssen.
Umso schöner, dass sich die moderne, oder vielmehr zeitlose französische Klassik von Klaus Erfort diesmal, angefangen bei der akkuraten Winzigkeit der frisch geschnittenen Schnittlauchröllchen auf der Steinpilzbutter über die bemerkenswerte Qualität der beiden warm und saftig-rösch servierten Brotsorten bis hin zu exakt bemessenen Proportionen, sensibler Würzung und minutiösen Garpunkten, wieder wie aus dem Ei gepellt präsentiert hat. Und die Präzision der Zubereitungen bis ins Detail begann bereits mit den ersten, in mehreren Flights nacheinander aufgetragenen Kleinigkeiten und reichte, mit kleineren Abstrichen, fast durchgängig bis zu den Desserts.
Der bereits von früheren Besuchen bekannte Gänseleber-Macaron mit Rote-Bete-Baiser beispielsweise kam vollständig ohne pappige Süße aus, so dass die Foie gras, nachdem sich die beiden zartkrossen Eiweiß-Deckel in Luft aufgelöst hatten, klar im Mittelpunkt stand. Das Rindertatar mit Rauchaalgelee war ein gleichfalls ebenmäßig austarierter Geschmacksverlauf, und auch das Ei mit dichtem Parmesanschaum, Bellota-Schinken und Trüffel sowie der kleine Schwarzwurzel-Taco waren diesmal allesamt perfekt proportionierte Petitessen mit exzellent herausgearbeiteten Produkten und Aromen. In diesem Sinne präsente sich auch die roh marinierte Auster schön pur und frisch, war trotz Staudensellerie-Granité und weiterer fruchtiger Akzente eine klare, jodige Meeresbriese und kein knalliges Tutti-Frutti.
Und ganz nach diesem Motto blieben auch die beiden dunkelfleischigen Tranchen von der Fjordforelle, die mit kleinen Filets, Sud und Granité von Grapefruit sowie kalten, zarten Lauchherzen in ein sehr frisches, fruchtig-bitteraromatisches Umfeld gestellt waren, der Star dieses erfreulich transparenten und leichten, aber dennoch markanten Küchengrußes. Unterm Strich ein sehr starkes Präludium, das wieder an die bislang besten Zeiten Klaus Erforts erinnerte, und in das sich auch die bereits gelobte hervorragende Qualität der beiden mit Steinpilzbutter und gesalzener Rohmilchbutter offerierten Brotsorten nahtlos einfügte.
Den wiedererlangten Esprit, der diesmal von der Küche ausging, verdeutlichte insbesondere auch die Gänseleber-Vorspeise, die nicht nur ein willkommener Gegenentwurf zu den meist recht fruchtsüßen kalten Foie-Gras-Interpretationen der klassischen französischen Küche war, sondern sogar ein kreativer Wurf. Die wunderbar pure marinierte Leber war hier als ein mit Nori-Alge umhülltes Medaillon zusammen mit süßsäuerlich marinierten Spaghetti von Rettich und einer gebrannten Reiscreme auf dem Teller zugegen, die sich alle gewinnbringend gegenseitig ergänzten. Die Reiscreme mit Schmelz und moderater Süße, der Rettich mit Säure und ätherischer Frische, die Alge spielte mit ihrer typischen rauchig-jodigen Aromatik ebenfalls spannende Facetten ein, eine am Tisch dazugegebene Vinaigrette von Rote-Bete-Saft und Korianderöl ebenfalls – und alles war so feinsinnig aufeinander abgestimmt, dass nichts vorlaut oder gar dominant gewirkt hätte, aber auch nicht brav und zurückhaltend.
Nichts als Begeisterung auch für den Wolfsbarsch, der schon als bloßes Produkt mit seiner Qualität und Frische, sowie durch seine sehr präzise Zubereitung vollumfänglich überzeugen konnte. Der aber auch kompositorisch stark war: mit Auberginenkaviar und Pomme soufflé getoppt, auf raffiniert abgeschmecktem Couscous mit feinen Nuancen thronend, und sowohl von schaumiger Sauce Hollandaise sowie von milder Krustentiersauce flankiert, war das ein perfekt abgestimmtes und dabei sehr dynamisches Gericht, bei dem auch wieder alles ganz wunderbar zusammenspielte.
Das war auch bei dem auf zwei Teller in unterschiedlichen Zubereitungsarten dargebotenen Zwischengericht vom bretonischen Hummer der Fall, wo die fleischig-zarten Medaillons vom Schwanz des mustergültigen großen Krustentiers mit zartem jungem Lauch und Beurre blanc dem klassisch französischen Geschmacksbild entsprachen, während ein Hummersalat von Scheren und Schwanzfleisch mit ätherischem Kräuterbouquet, Sesam und Nüssen eher asiatisch inspiriert war. Beides einmal mehr bemerkenswert feinsinnig aufs edle Porzellan gebracht.
Nach dieser fulminanten ersten, tendenziell maritimen Menühälfte war es etwas verwunderlich, dass ausgerechnet die Fleischgerichte, die immer die ganz große Stärke von Klaus Erfort waren, die einzigen leichten Schwächen unseres grundsätzlich begeisternden Menüs aufwiesen. Allerdings ausdrücklich noch nicht das süffige Hachée von der Kalbsbacke, das butterzart und tiefaromatisch mit reduzierter Trüffelsauce aus Kalbsjus-Basis, hellem Trüffelschaum und auf der Microplane frisch darüber gehobelter Trüffel in Begleitung von eingelegten Rüben und wachweichem Eigelb einerseits wuchtig und aromenschwer, aber eben auch sehr leicht und elegant daherkam.
Die beiden Hauptgerichte waren konzeptionell in jedem Fall produktpuristische Leckerbissen, die den jeweiligen Hauptdarsteller mit unterschiedlichen Teilstücken in mehreren geschmacklichen Facetten präsentierten. Bei der Miéral-Taube begeisterte die vermutlich an der Karkasse gebratene Brust durch perfekte saftige Fleischstruktur mit viel Eigengeschmack, verblüffte aber auch ein überraschend trockenes Keulenragout, was von der großzügigen Menge an hervorragender Taubenjus nicht restlos kaschiert werden konnte. Außerdem auf dem Hauptteller: sehr milde Selleriemousseline und Rotweinschalotten. Auf dem etwas kleineren Satellitenteller tummelten sich animierend die Innereien wie Herz und Leber, das Filet und die mit Trüffelkruste gratinierte Keule der Taube – mit dem einzigen kleinen Wermutstrupfen, dass das alles nur lauwarm war.
Beim zweiten Hauptgang rund um französisches Lamm, mit wieder sehr ausgeprägtem elegantem Eigengeschmack und wieder auf zwei Teller ausgebreitet, wurde ein Rückenstück mit köstlichem Fettansatz, zwei in einen frischen dünnen Kräutermantel gehüllte und damit pochierte Filet-Medaillons und ein mit Gremolata gratiniertes gebratenes Stielkotelett zum Besten gegeben. Der Rücken in Begleitung eines aus hauchdünnen Scheiben geschichteten und auf den Schnittflächen goldbraun angekrossten Kartoffelriegels, die die anderen Teilstücke mit Zitronengel, Auberginenmus, und getrüffeltem Kartoffelschaum auf dem zweiten Teller. Bei diesem Gericht lag der einzige Schwachpunkt in der Sauce, die mit seltsamen Fehltönen von Bitterstoffen irritierte, welche aller Wahrscheinlichkeit nach vom Röstansatz der Knochen herrührten und sich beim Reduzieren der Jus auf ein unharmonisches Maß intensivierten.
Ganz uneingeschränkt größten Spaß machten aber dann schon wieder die Desserts. Zunächst eine kompakte Liaison von Ganache aus Passionsfrucht und weißer Schokolade mit Kokos-Yuzu-Eis und dichtem, schmelzigem Vanilleschaum-Überzug. Dann eine flächig und verschiedenteilig arrangierte Komposition von Mandel, Birne und Honig, bei der die drei Leitaromen auf elegant leichtfüßige und dennoch sehr elaborierte Art in verschiedenen Aggregatzuständen wie Eis, Mousse, Gel, Creme zusammenfanden und ein handwerklich ziemlich perfektes, geschmacklich ausgewogenes, vielschichtiges Geschmacksbild aufs Porzellan zauberten.
Sollte die Formkurve der Küche also weiter so deutlich nach oben zeigen und das nächste Mal auch solch kleine Holprigkeiten wie diesmal bei den Fleischgerichten ausbleiben, würde nach unserer Ansicht nichts mehr dagegensprechen, die Bewertung wieder auf 10 Pfannen anzuheben. Schon jetzt erhöhen wir die Auszeichnung um den Bonuspfeil und wollen nicht versäumen, einmal mehr das ausgesprochen gute Preis-Genussverhältnis der Küche zu loben, was übrigens ohne jede Einschränkung auch auf die gut sortierte Weinkarte zutrifft.
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