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Fotos: Fine Dining by Phillip Probst

Fine Dining by Phillip Probst

im THE LIBERTY Hotel Bremerhaven
Columbusstr. 67
27568 Bremerhaven
0471-902240

aktualisiert: 04 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 99-145 €

Mit sehr großen Ambitionen, aber zum Zeitpunkt unseres Testbesuchs noch überschaubarer Nachfrage auf Gästeseite, hat das noch recht neue Liberty-Hotel im touristischen Hafenviertel direkt bei den Havenwelten ein Fine-Dining-Konzept vom Stapel gelassen. So war unser Tisch in dem lichtdurchfluteten und nicht unelegant gestalteten Gastrobereich, der am Morgen auch als Frühstücksraum genutzt wird, an einem Samstagabend der Einzige, der vom Team um Philipp Probst mit dem Gourmetmenü beschickt wurde und alle anderen Gäste hatten aus der Karte des Hotelrestaurants Mulberry Street bestellt.

Das könnte sich aber mittelfristig ändern, denn dass der in der Gourmetszene eigentlich noch relativ unbekannte Chef, der dem Restaurant gleich selbstbewusst seinen Namen gegeben hat, kochtechnisch einiges auf der Pfanne hat, konnten wir vor ein paar Jahren schon mal im rheinland-pfälzischen Daun feststellen, wo er eine Zeitlang im Schlosshotel Kurfürstliches Amtshaus reüssierte. Und schon während der Amuses, die nun in Bremerhaven im Rahmen des bis zu achtgängigen Menüs aufgetischt werden, kann man deutlich sehen, dass er auch hier vom Start weg Gas gibt und viel erreichen will. Denn da war jedes einzelne sehr aufwendig gestaltet und ansehnlich inszeniert. Besonders der in einem filigranen sepiagefärbten Ornament-Tacoschälchen präsentierte asiatische Hummersalat machte auch geschmacklich Eindruck, während die kunstvoll gewickelte „Rose“ von Roter Bete und Apfel mit Fichtensprossensud am Gaumen etwas eindimensional fruchtig und recht simpel blieb.

Dass der Chef aber durchaus das Talent hat, aromatisch ausdrucksvolle und fein differenzierte, zudem sogar recht unkonventionelle Gerichte zu kreieren, bewies er gleich im Anschluss mit dem „Smørrebrød Wald & Meer“: Tranchen vom gebeizten und geflämmten Hamachi auf einem flachen Podest aus Topinambur und Schwarzbrot, aufgelockert durch vereinzelt wohldosiert eingesetzte zitrische Perlen, von verschiedenen Zuchtpilzen mit etwas Umami und weiteren Texturen ergänzt – ein zwar sehr „leises“, aber durchaus interessantes, facettenreiches und vor allem geschmacklich wie auch haptisch sehr ausgewogenes Gericht.

In eine vergleichsweise klassischere Richtung tendierte die Komposition um eine sehr zart und saftig auf den Punkt gebrachte isländische Scholle, die mit verschiedenen Muschelsegmenten und Meeresalgen wie Quellern sowie etwas Fenchel, roter Paprika und Kartoffel auf einer milden Safransauce auf Fenchelbasis schwamm. Auch hier sehr elegant und sensibel aufeinander abgestimmte Aromen, die ein anspruchsvolles harmonisches Gericht ergaben.

Und elegant und sensibel umgesetzt das war in besonderer Art und Weise auch der nächste Gang, der sich um schmelzig zarte, sehr eigenaromatische Scheiben vom sous-vide gegarten und final angebratenen Kinn eines fetten Wollschweinferkels drehte. Mit verschiedenen Zwiebelkomponenten und Umeboshi-Salzpflaume – alles sehr dezent und minimalistisch arrangiert und proportioniert – stand das Fleisch im Mittelpunkt eines feinwürzigen, zart säuerlich untermalten produktfokussierten Gerichts, das von einem transparenten, mit Umeboshi säuerlich abgerundeten Ferkelsud getragen wurde.

Zurück zur Klassik führte dann das Kalbsbries „Rumohr“, bei dem die Milchdrüsenspezialität, die traditionellerweise mit Gänseleber und Lauch liiert als Filoteig-Pastete zubereitet wird, etwas anders, aber mit den gleichen Grundzutaten aufs Porzellan geschickt wurde. Hier, in Einzelkomponenten aufgefächert und statt des Filoteigs von einer Pomme Soufflé flankiert, war das natürlich ein deutlich weniger vollmundiges und süffiges Gericht als das einst von Eckart Witzigmann erdachte Original – aber auch nicht unattraktiv, zumal das Bries tadellos zubereitet war und auch alle Aromen und Proportionen eigentlich wieder gut aufeinander abgestimmt wurden.

Nahezu makellos präsentierte sich dann im Hauptgang auch die Taube mit Kirsche und Pistazie, begleitet von etwas Kürbis, die wie auch fast alle anderen Gerichte rein von der Machart her auch eine noch höhere Bewertung hätte bekommen können – aber als Komposition noch nicht jene brillante aromatische Strahlkraft hatte, die dafür nötig wäre. Auch die mit entsprechendem Geleeüberzug einer Riesenkirsche nachempfundene und mit dem Schmorfleisch der Taubenkeule sowie mutmaßlich ein wenig von den Innereien gefüllte Praline blieb mit ihrer etwas stumpfen, mehligen Konsistenz hinter den Erwartungen zurück. Jedoch ohne den guten Gesamteindruck trüben zu können.

Und das tat auch nicht das Dessert um Blutorange und Rooibos (mit Haselnuss und Kapuzinerkresse liiert), das mit proportional sehr viel Geeistem und Fruchtigem ein wenig simpler und geringfügig unausgewogener wirkte als die anderen Kostproben, sich aber trotzdem noch auf einem hohen Niveau präsentierte und gut ins Gesamtbild passte. Und apropos Gesamtbild: dass hier jenseits der Speisen vieles, was von der Weinauswahl bis zum Service mit dem Fine-Dining-Konzept zu tun hat, noch etwas improvisiert wirkt, tut dem Reiz auch keinen Abbruch. Im Gegenteil, machte zum Beispiel der Service manche kleine Unsicherheit mit Sympathiepunkten locker wett.

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