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Viel stilvoller und exklusiver als im Golfresort „Das Achental“ kommen im Chiemgau edle Rustikalität und ein gewisser Luxus wohl kaum zusammen. Der Anspruch ist im gesamten Haus in jedem Detail hoch. Und entsprechend gut passt es auch, dass mit dem im Sommer 2021 eröffneten Gourmetrestaurant „Es:senz“ auch ein kulinarisches Aushängeschild mit höchsten Ambitionen ins Portfolio aufgenommen wurde. Mit Edip Sigl, der vielen Gästen noch aus seiner Zeit im Münchener Les Deux bekannt sein dürfte, wurde zudem ein ebenso talentierter wie ehrgeiziger Chefkoch gefunden, gemeinsam mit einem teils bereits eingespielten Team.
Der Name des Restaurants soll den Fokus auf das Wesentliche signalisieren, genauso wie die möglichst sorgfältigen und achtsamen Umgang mit den Produkten, die zu einem großen Teil von ausgewählten Produzenten aus der Region stammen. In letzter Konsequenz umgesetzt wurde das in der Karte zwar noch nicht, finden sich dort doch neben einem heimatverbundenen und vegetarischen Menü auch eine eher weltoffene Alternative mit internationalen Produkten und Inspirationen – letztlich ist das aber auch egal, denn der hohe Anspruch und die Stilistik sind in beiden Menüs gleich. Und beide erhalten in dem weitläufigen, stylisch-edelrustikal gestalteten Restaurant einen äußerst angenehmen und stimmungsvollen Rahmen.
In diesem signalisiert bereits der Start mit einer ganzen Armada an akkuraten Kleinigkeiten die Ambitionen des Teams. Vor allem aber zählten diese ersten Kostproben – anders als an vielen anderen Orten, an denen sie eher zur Fleißdemonstration geraten – mit ihren präzisen zugespitzten Aromen mit zu den stärksten Eindrücken des gesamten Abends. Angefangen bei einem knusprigen Kartoffelcanellono mit Rindstatar, Sardelle und markanter Pfeffrigkeit bis zu spitz essigsaurem Speck in einer Zuckerwatte-Wolke, bei dem sich nach kurzem Süße-Flash der rauchige Speck und die Säure in einem genau dosierten Verlauf durchsetzen. Auch das Saiblingstatar mit Kaviar auf einem knusprig verpuffenden Zwiebel-Macaron war durch dessen subtile Rustikalität ein origineller Eindruck, genau wie der „Chiemseekiesel“ als zart zerplatzende Räucheraal-Sphären in Kieselsteinoptik in einem leichten Essigfond.
Den ersten komplexer gestalteten Eindruck mit scharfgestochenen Aromen auf engem Raum gab es bei den zu einer Blüte gerollten Tranchen von der Gelbflossenmakrele mit Gurke, einem ingwerscharfen Ginsud und Holunderkapern – nur der ergänzende Isomalt-Chip mit Nori und Sesam geriet deutlich zu zuckrig. Ein Problem, das die von vornherein auf süffig-kraftvolle Schwelgerei ausgerichtete Kombination von Sot-l’y-laisse, Maronenstückchen und Cavatelli in einem luftigen Nussbutterschaum mit auch im Rohzustand duftend aromatischer Périgordtrüffel nicht hatte, denn das war Kraft und Leichtigkeit in idealer Kombination und ein perfekter Ruhepunkt vor dem Start des eigentlichen Menüs.
Dieses startete mutig mit einem puristisch als Rondell angerichteten Tatar vom Chiemseezander unter nussigem Grüll-Kaviar (aus Salzburg), umgeben von einem lakritzig schmeckenden Anisgelee und säurefrischer Vinaigrette von der Kapuzinerkresse. Dabei war die optisch wie aromatisch markante Idee originell und nachvollziehbar, allerdings noch nicht perfekt umgesetzt, weil die intensive (an Pernod erinnernde) Anisnote, insbesondere durch die festere Konsistenz des Gelees, den Fisch und den Kaviar zu sehr dominierte. Ganz anders dann beim deutlich klassischer gehaltenen nächsten Gang, bei dem ein dünnteigiger Raviolo mit warmwürzig-saftiger Blutwurstfüllung gemeinsam mit glasierten Apfelwürfelchen und einem dichtaromatischen Madeiraschaum die Grundlage für knusprig-zartes Kalbsbries stellte und damit einen fein konturierten Wohlfühlgang auf sehr hohem Niveau schaffte.
Dramaturgisch clever gab es nach diesem einschmeichelnden Gang bei der darauffolgenden Lachsforelle mit Kürbis wieder mehr Ecken und Kanten: die sanft confierte und temperierte Forelle lag unter einer zarten Kürbislamelle sowie konzentriert frischen Kürbiscreme-Tupfen und wurde kräftig mit Schärfe und Säure hinterlegt, welche vor allem in einer cremigen Ingwer-Beurre-Blanc (inklusive reichlich Forellenkaviar) gebündelt wurde und gemeinsam mit intensiv nussigen Kürbiskernnoten das insgesamt „warm-orange“ Aromenbild auflockerten und strafften.
Nicht weniger als handwerkliche Perfektion gab es dann bei der an der Karkasse auf Holzkohle gegrillten Taube, deren zartrosa Fleisch neben den betörenden Röstnoten und viel Saft und Spannung vor allem durch die gleichmäßige Garung begeisterte. Bei der Umgebung spielte das Team mit traditionellen „weihnachtlichen“ Begleitern zu Geflügel, die hier in Gestalt von etwas süßlich-duftigem Rotkohl (Sternanis, Zimt…) und der feinen Bitterkeit von Radicchio unter einem ätherisch dazwischenfunkenden Shisoblatt aber deutlich abwechslungsreicher und feiner differenziert auf den Teller kamen, als zur traditionellen Weihnachtsgans oder -ente. Der etwas mild und unscheinbar wirkende Miniatur-Kartoffelkloß war eher eine augenzwinkernde Reminiszenz als spielentscheidend; dafür sorgte aber die tiefgründige und zugleich spannend herbe Rotkohljus ebenfalls für eine gekonnte Interpretation tradierter Geschmacksbilder. Zusammen mit dem eher kühlfruchtig-kantigen Rotwein aus dem Kaukasus blieb das Gesamtbild meilenweit von jenem molligen, „breiten“ Eindruck entfernt, den diese Produkte vielleicht vermuten lassen würden. Super!
Den Übergang ins ebenso aufwändig wie der Auftakt gestaltete süße Finale schaffte ein knusprig-saftiger, in Grand Marnier und Orangensaft getränkter Rüblikuchenwürfel neben kompakt-cremigem Karottensorbet und einer milden blumigen Vanillesahne auf eher ruhige und entspannte Art, bevor es beim Hauptdessert nochmal etwas komplexer wurde: Nämlich mit einem Ring aus weißer Schokoladenmousse unter Spekulatius-Knusper und im Sommer eingelegten Rumfrüchten, in dessen Zentrum ein hell-rotfruchtiger Rumtopffond gemeinsam mit dem daneben angerichteten Buttermilcheis für Frische und feinherbe Würze sorgte. Im Vergleich zu den stärksten Momenten im herzhaften Teil des Menüs hinkte die Pâtisserie mit den insgesamt eher mild und harmonisch angelegten Douceurs noch ein ganz klein wenig hinterher, schaffte aber – auch mit den einfallsreichen und erfreulich leicht wirkenden Petits Fours – fraglos einen gelungenen Abschluss.
Ebenfalls noch ein ganz klein wenig hinter dem Eigenanspruch hinterherhinkend erlebten wir zum Zeitpunkt unseres Testbesuchs das vielköpfige Serviceteam rund um Restaurantmanager Simon Adam, weil die Abläufe teilweise etwas hektisch und unrund wirkten – was aber an dieser Stelle, ausgehend von einem insgesamt hohen Serviceniveau und unabhängig von der charmanten und zuvorkommenden Art der einzelnen Mitarbeiter, nur ganz nebenbei angemerkt werden soll. Im Team sorgt auch Sommelier Iiro Lutter mit hochwertigen, gut abgestimmten Begleitweinen und einer beachtlichen Auswahl spannender Flaschen aus Europa und der restlichen Weinwelt dafür, dass die Gläser stets passend zu den Gerichten, dem Anlass und den persönlichen Vorlieben gefüllt sind.
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