Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
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Abends |
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Di ab 18.30 Uhr, Mi-Fr von 12-13.15 Uhr u. ab 18.30 Uhr, Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag |
Hauptgerichte: 26-50 €, Menüs: 117-200 € |
Das gastronomische Elend der DB-Bordgastronomie lässt sich kaum irgendwo so elegant vermeiden wie in Karlsruhe, wo nur zwei S-Bahn-Stationen vom Hauptbahnhof entfernt mit diesem in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen italienischen Restaurant („Italienische Software kombiniert mit regionaler Hardware“) eine ganz ausgezeichnete Alternative lockt – an drei Wochentagen sogar mittags! Seit über zehn Jahren verwirklicht Marcello Gallotti hier, inzwischen unterstützt von Bastian Niklas Wolff als Küchenchef und Kacem Meddeb im Service, seine Vision einer italienischen Hoch- und Traditionsküche, so gut wie ausschließlich auf Basis von Bio-Produkten.
Als kreativer Geist stets am Fortschritt interessiert, hat Gallotti jüngst sein Konzept nochmals verändert und sich – nach einer breiten Gästebefragung in den sozialen Medien – entschieden, seine Fine-Dining-Linie um eine Auswahl traditionellerer Gerichte der italienischen Küche zu erweitern und zusätzlich einen bisher als Feinkostladen genutzten Raum neben dem Restaurant zur Osteria zu verwandeln. Hier wie dort gilt: Was auf den Tisch kommt, ist zu 99 % biozertifiziert, handwerklich souverän zubereitet und stammt nach Möglichkeit aus nächstliegender, kleinbäuerlicher Landwirtschaft.
Schon ein flüchtiger Blick in die Speisekarte sorgt hier zuverlässig für Vorfreude. Außer an Klassikern wie „Arancini“ (frittierte Reisbällchen mit einer Hackfleischfüllung), Wolfsbarsch im Ganzen, Risotto ai Frutti di Mare oder Hähnchen-Scaloppine in Marsala freuen wir uns bei jedem Besuch wieder an hierzulande weitgehend unbekannten Klassikern der italienischen Hausfrauenküche wie Spaghetti „Cacio e Pepe“ (Zutaten neben der Pasta ausschließlich Pecorino Romano und Pfeffer!) oder Ribollita Toscana, einem Schwarzkohleintopf mit weißen Bohnen. Und auch die vermeintlich einfachsten „Gerichte“ gelingen hier aufgrund herausragender Produktqualität verlässlich– ob es sich dabei um ein „Butterbrot mit wilden Sardellenfilets aus Sciacca“ oder Antipasti misti handelt.
Wir starteten jüngst mit einem gebutterten, angegrillten Toast-Sandwich – gefüllt mit einer schmelzigen Melange von ausgelösten Ferkelfüßchen, geschmorter Schweineschulter und braunen Champignons – großzügig von schwarzer Trüffel überhobelt und durch etwas feinsäuerlich marinierten, pfeffrigen Rucola perfekt aufgefrischt. Wenige Zutaten – große Küche! Nicht weniger puristisch und nicht weniger köstlich anschließend zwei römische Artischocken, denen zur Vollendung nur ein zitrisch-frischer Olivenöl-Sud mit einem Hauch Minze sowie das gute hausgebackene Sauerteigbrot genügte.
Herausragend dann die oben bereits erwähnten Spaghetti „Cacio e Pepe“, die andernorts entweder nicht zu bekommen sind – oder wenn, dann wahlweise durch vermeintliche Hilfsmittel wie Butter oder Öl (wo nicht gleich: Sahne!) verhunzt werden. Hier erschien ein sorgfältig gedrehtes Nest perfekt auf den Punkt gegarter Spaghetti in einer ebenso cremigen wie leichten Käse-Kochwasser-Emulsion, perfekt aromatisiert durch frisch geschroteten schwarzen Pfeffer. Nicht viel weniger puristisch dann eine schön dicke, blättrige Tranche vom Skrei in einem wunderbar duftigen Sud von tomatisiertem Fischfond, mit einem Hauch Knoblauch, braunen Oliven, Kapern und etwas Petersilie. So lieben wir die italienische Küche: wenn die Zutatenliste das Rezept ersetzt und jede weitere Beschreibung überflüssig macht.
Aus der Abteilung „unbekanntes Italien“ – konkret: der habsburgischen K.u.K.-Tradition – entstammte der Hauptgang unseres Menüs in der aktuellen Testsaison: gegrillter Schweinenacken „Triester Art“. Gegen alle Mittelmeer-Klischees handelte es sich dabei um eine sanft gegarte, durchwachsene Nackenscheibe, leicht angegrillt und von Sauerkraut, Gewürzgurke und frisch geriebenem Meerrettich begleitet. Der Verzicht auf jede Art von Jus oder Sauce verlieh dem Teller eine gewisse Kargheit, die den Trialog von mürbem Fleisch, feiner Schärfe und prononcierter Säure klar ins Zentrum stellte. Sicher ein polarisierendes Gericht – aber in sich stimmig und eben nicht das Ergebnis überdrehter Avantgarde, sondern gelungener Traditionspflege.
Letzteres galt erwartungsgemäß auch für den süßen Abschluss: ein luftigeres und zugleich cremigeres Tiramisu, die Süße perfekt durch die feine Herbe des Kakaopulvers ausbalanciert, haben wir hierzulande selten gegessen. Kurz: Wir sind mit den Umstellungen, Erweiterungen und Anpassungen, die Marcello Gallotti jüngst vorgenommen hat, durchweg einverstanden, freuen uns, ihn nun auch häufiger erklärend und beratend im Speisesaal zu erleben, und möchten traditionsgemäß nicht vergessen zu erwähnen: Ohne jeden Deko-Firlefanz und dank kluger Beleuchtung ist dieses luftige Restaurant (1928 von Walter Gropius entworfen) weit und breit für uns das schönste.
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