Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag |
Menüs: 170-215 € |
Der mehr als 200 Jahre alte Nassauer Hof zählt nicht nur als das erste Haus am Platz, was durch den hier gebotenen Luxus und die Gunstlage in unmittelbarer Nähe zu Spielbank, Kurhaus und Staatstheater durchaus wörtlich zu nehmen ist, er darf auch als einer der großen gourmetgeschichtlichen Orte Deutschlands bezeichnet werden. Als „Die Ente vom Lehel“ trat dessen Restaurant unter Hans-Peter Wodarz Ende der 80er-Jahre seinen Siegeszug an und ist längst in den gastronomischen Geschichtsbüchern zu finden. Dessen spektakuläres Ambiente nebst großer Empore mit Blick in den hellen, klassisch-eleganten Gastraum wirkt trotz zwischenzeitlicher Facelifts heute sicher noch ganz ähnlich wie damals, doch der Name, die Protagonisten und nicht zuletzt der Küchenstil haben sich seither verändert.
Trotzdem scheint nach wie vor Beständigkeit eine der wichtigsten Säulen zu sein. Das heute nur noch kurz Ente genannte Fine-Dining-Restaurant wird nämlich seit mittlerweile auch schon wieder beachtlichen 18 Jahren von „Jeune Restaurateur“ Michael Kammermeier bekocht, der mit seinem Team in der jüngeren Vergangenheit das Niveau der Küche wieder etwas steigern konnte und deshalb schon im vergangenen Jahr von uns verdientermaßen mit der Höherstufung auf 8 Pfannen belohnt wurde. Eine Bewertung, die in diesem Jahr klar und deutlich bestätigt wurde.
Bei der Vorspeise von Island Saibling, Schwarzwurzel und gestockter Beurre blanc, die das Degustationsmenü nach verschiedenen kleinen Küchengrüßen einläutete, handelte es sich um Streifen des mild gebeizten Süßwasserfisches, die sich über eine mit leicht gelierter Beurre blanc überzogenen Schwarzwurzelstange schlängelten. Eine mit Estragonöl marmorierte Vinaigrette auf Basis von klarem Tomatensaft gab diesem aromatisch sehr weichen, aber nicht seichten Gang sein Rückgrat, Forellenkaviar und geröstete Quinoa-Saat einen weiteren dezenten Texturkontrast und aromatische Nuancen.
Ein sehr starker produktfokussierter Gang war das Zwischengericht um roh mariniertes Kagoshima-Wagyu der höchsten Fettmarmorierungsstufe A5, das als mit einer dünnen Scheibe des schmelzigen Rohfleischs eingehüllter Tatar-Quader auf dem Teller zu finden war. Ebenso zurückhaltend wie effektvoll begleitet von Topinambur in knuspriger, cremiger und knackiger Façon, geschmackspushender Rindermark-Mayonnaise, einigen Piemonteser Haselnusskernen, die am nussigen Charakter der Sonnenblumenwurzel andockten, sowie einem Röstzwiebelsud, der das delikate Fleisch kräftig grundierte, ohne es zu übertünchen.
Mit wieviel Feinsinn und Fingerspitzengefühl die Küche mittlerweile unterwegs ist, war dann spätestens nach der Jakobsmuschel mit zweierlei Kürbis und Passionsfrucht klar. Denn die hervorragende festfleischig-nussige Coquille schottischer Provenienz thronte auf einem Podest von Butternut- und Hokkaidokürbis, die erstens beide sehr differenziert und auch eher fruchtig und nussig als erdig und dumpf in Szene gesetzt waren, zweitens von der Passionsfrucht gerade eben so dezent erfrischt wurden, dass auch die angegossene Kürbiskern-Mole ihren gewinnbringenden Beitrag leisten konnte.
Äußerst stark auch die mit umamisatter, aber nicht übertrieben dichter Unagi-Sauce lackierte, in ein dünnes mariniertes Blatt von rotem Rettich gehüllte und mit Rauchaal, Sesam und Schnittlauchmayonnaise getoppte Steinbutt-Tranche, die auf einem Podest aus Daikon-Rettich aus ihrem süffig-schmelzigen Untergrund ragte, der sich aus schaumiger Hollandaise und süßlich-würziger Unagi-Sauce zusammensetzte.
Etwas klassischer muteten die Fleischgänge an, wobei die in Buchenholzrauch sanft aromatisierte Brusttranche von der Challans-Ente unter perfekt krosser Gewürzhaut mit fast vollständig weggeschmolzener Fettschicht, die von einer in Rosenkohlblätter gehüllten Praline vom geschmorten Keulenfleisch, Petersilienwurzelcreme und Maitake-Pilzen eskortiert wurde, mit ein klein wenig Umeboshi-Salzpflaume auch einen unkonventionellen und etwas progressiveren Akzent eingebaut hatte. Der allerdings war hier nach unserem Gusto nicht ganz optimal dosiert und verteilt, somit schnell verpufft, was dem Gericht ein wenig von seiner potentiellen Wirkung nahm, die durch einen gleichmäßigen Spannungsbogen hätte entstehen können.
Ein konsequent sehr klassisches Geschmacksbild gab die Rinderroulade „Rossini“ ab, bei der die mit Gänseleberfarce gefüllte, mit Trüffeljus glasierte und mit frischer schwarzer Trüffel überhobelte Rindfleischrolle allerdings nicht geschmort, sondern sanft temperiert war – aufgrund der Zartheit des hier verwendeten Filets natürlich völlig unproblematisch und in gewisser Weise der besondere Akzent dieses Gerichts. In Gesellschaft von Knollenselleriemousse und geschmortem Sellerie, Perlzwiebeln, Gewürzrotkohl als Füllung einer gelierten Praline und Gänselebersauce in diesem Sinne auch sonst ein wirklich großartiger Hauptgang eines starken Menüs. Und das endete mit einem Dessert um geschmorte Apfelquitte mit Marone, Zimtblüte und Quittensorbet leichtfüßig auf der eher fruchtigen Seite.
Dass der Ente als jüngste Novität mit dem vielen Gourmets noch aus dem Wolfsburger Aqua wohlbekannten Maître Jimmy Ledemazel nun auch wieder ein ebenso souveräner wie charmanter Gastgeber vorsteht, macht diese Institution, die ganz nebenbei auch über einen fulminanten Weinkeller verfügt, nur noch attraktiver.
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