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Mo u. Do-Sa ab 18 Uhr, So von 12-13.30 Uhr u. ab 18 Uhr, Di u. Mi Ruhetag |
Hauptgerichte: 35-54 €, Menüs: 85-129 € |
Im Falle des auf moderne Art ländlich gestalteten Restaurants im schicken alpinen Hotel Das Hochgrat in Oberstaufen hatten wir im Laufe der vergangenen Testsaison schlechtes Timing. Kurz nachdem wir zum unangemeldeten Testbesuch vor Ort waren, gab Gastgeber Thomas Klopfer bekannt, dass es in Kürze einen Küchenchefwechsel geben werde. Als Nachfolger von Routinier Fritz Braumüller, der zum Zeitpunkt unseres Testbesuchs noch so wie aus den Vorjahren gewohnt sehr souverän am Herd stand, sollte aus Juan Amadors Restaurant in Wien der erst 32-jährige Daniel Kuban ins Oberallgäu kommen und frischen Wind mitbringen. Und tatsächlich liest sich die Speisekarte seit Anfang 2023 etwas anders, wirkt noch weltläufiger. Man merkt in jedem Fall sofort, dass hier etwas anders ist.
Und auch wenn die Stilistik auf den Tellern eine andere ist: auf eine gewisse Art sind sich Daniel Kubans Art zu kochen und die von Vorgänger Fritz Braumüller durchaus auch ähnlich – es geht nämlich bei beiden weniger elegant zurückhaltend als vielmehr zupackend und kraftvoll auf den Tellern zu. Mit Mut zu Ecken und Kanten anstatt glattgeleckter Langeweile. Das kann dann gern auch mal etwas zu ruppig und ungehobelt ausfallen, ist aber durchwegs individuell und macht Spaß. Die Aperos beispielsweise hatten alle etwas Fruchtiges, jeweils in harmonischem Einklang mit einer ausgleichenden Herzhaftigkeit. Mal deutlich und vordergründig, so wie ein Gläschen Melonen-Gazpacho mit kleinen Stückchen warmgeräucherter Forelle darin, mal dezent fruchtakzentuiert wie etwa beim dünnen Topinamburcracker mit Tupfen von Preiselbeergel und Gorgonzolacreme oder einem Bergkäsekäsekrapfen mit Bayrisch Kraut.
Ähnlich wie unter der Ägide von Braumüller gibt es einen sechsgängigen Menüvorschlag und davon abweichend ein gar nicht so kleines Angebot an Gerichten à la carte. Alles klingt originell, nichts nach copy-and-paste. Eine grundsätzlich gute Idee war schon die Vorspeise um großkörnigen Royal Belgian Osietra Caviar mit eingelegten Herzkirschen, Piemonteser Haselnüssen und Sauerrahm – passenderweise (Belgien!) auf einer frisch gebackenen Wabenwaffel präsentiert. Allerdings wirkte die Komposition etwas unruhig, die Komponenten standen zu sehr nebeneinander, die Säure der Senfsaat-Vinaigrette biss sich sogar ein wenig mit dem Kaviar und den anderen Säuren. Hier hätte mehr Süße und Schmelz gutgetan, um die unterschiedlichen Säuregrade, die zudem als Fruchtsäure von den Kirschen und als laktische Säure vom Sauerrahmschaum in das Gericht getragen wurden, noch harmonischer miteinander zu verbinden.
Aber wie gesagt: auch wenn es mal etwas holpert, kann das den guten Gesamteindruck nicht trüben. Ganz hundertprozentig rund war der nächste Gang des Menüs auch nicht, aber gerade das hatte hier seinen Reiz. Und im ebenfalls laktisch-säuerlichen Schmelz der Buttermilch einer modern interpretierten Okroschka funktionierte die Vermählung aller weiteren Elemente der kalten Suppe außerdem schon deutlich besser. Neben saftig-zarten Sot-l’y-laisse waren auch hier in Gestalt von Mixed Pickles wie Perlzwiebeln und Rettichgewächsen stark säurebetonte Komponenten im Spiel. Man kann also zusammenfassen, dass Daniel Kuban mit seinen Gerichten meist sehr viel Power und Dynamik auf die Teller bringt. So wie auch bei der Kombination von Bodenseeaal mit Aprikosengel, Mandelcrunch, angerichtet auf einem Spiegel aus angenehm tiefem und komplexem Jalapeñosud, der auf einer mildwürzigen (fleischigen) Basis zubereitet war: Säure, Frucht, Rauch, Würze und Schärfe, alles auf markante Art in harmonischen Einklang gebracht.
So ein typisch kraftvolles und doch elegant gebändigtes Gericht aus der Hand des neuen Küchenchefs war auch der „Zwiebelrostbraten“ vom Zander, eine auffällig gute, festfleischig-blättrige, mit einer Knusperbeflockung aus Röstzwiebel, Knoblauch und Kräutern aufs Retro-Porzellan geschickte Tranche, die auf einem Klecks Kartoffelcreme aus einer intensiven Rinderbouillon ragte. Auch hier wieder ein paar Ecken und Kanten durch recht ruppige Röstaromen, aber unterm Strich auch das wieder eine ausgewogene Sache. Ein ähnlich dunkles, braunaromatisches und von dichten Umami-Aromen getragenes Gericht war der Menü-Hauptgang um kernig-saftiges gegrilltes Pluma vom Iberico-Bellota auf einer Creme von fermentiertem schwarzem Knoblauch in einer durchaus intensiven, aber transparenten, mit Salzgurke raffiniert fruchtig-säuerlich abgeschmeckten Sauce, was à part noch von einem Süßkartoffel-Churro eskortiert wurde. Allerdings wirkte hier das Geschmacksbild ebenso monochrom braun wie die Optik. Die fermentierte Knoblauchcreme dominierte das Geschehen und überfrachtete letztlich die sehr feine, nuancierte Sauce. Zudem fehlte die Frische, das Knackige, die Auflockerung…
Deutlich facettenreicher, freigestellter und ausblancierter präsentierte sich indes wieder das sehr gute Dessert „Erinnerung an Koh Tao“, also ein offenbar von einem Aufenthalt des Küchenchefs auf der Insel im Golf von Thailand inspirierter Nachtisch. Und es müssen sehr gute Erinnerungen sein, die da in Form von karamellisierter Curry-Ananas, Kokosnussmousse, Thaibasilikum-Eis, Erdnusskramell-Florentiner und einem à part dazu kredenzten Granité von thailändischem Rum und Energy-Drink unter Kokosespuma auf sehr kurzweilige Art schmeckbar wurden.
Langweilig wird auch nicht, wenn man sich auf Thomas Klopfers glasweise Weinbegleiter einlässt, mit denen er oft und gern die gängigen Pfade verlässt. Angefangen beim 2017er Weißburgunder GG „Weilberg“ von Rings über in Spanien angebauten Lemberger bis hin zu sehr klarfruchtigem, saftigem Côte-Rôtie ganz ohne Holzeinsatz bekommt man es garantiert nur mit starken Charakterweinen zu tun.
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