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Die namensgebende Burg gibt es schon lange nicht mehr. Und auch im Traditionsgasthaus ist vieles anders, seit die Gebrüder Grom hier im Herbst 2017 einen Neustart wagten. In dem kleinen Hotel mit zwölf Zimmern ist unten eine Weinbar untergebracht und darüber ein weitläufiges Restaurant mit hellgrauem Steinboden, blanken Holztischen und Designerstühlen, punktuell ergänzt von eleganten Lederpolstern. Auf der Karte dieses Gasthauses 3.0 tauchen zwar weiterhin Klassiker wie Rostbraten und Käsespätzle auf, das „Menü Burg“ in bis zu sieben Gängen, vegetarisch als „Gartenliebe“ in bis zu fünf Gängen, zeigt sich aber überaus modern und ambitioniert.
Kein Wunder: Küchenchef Jason Grom hat zwischen seiner Ausbildung im naheliegenden Öschberghof und dem Abschluss zum Küchenmeister während seiner Wanderjahre unter anderem Station im Wiener Steirereck und im Parkhotel Vitznau in Luzern gemacht. Restaurantleiter Niklas Grom, ebenfalls ausgebildet im Öschberghof, war unter anderem im Tschuggen Grand Hotel in Arosa und im Restaurant Dreizehn Sinne in Schlattingen tätig. Dass er auch ein geprüfter Sommelier ist, merkt man an der liebevoll kuratierten Weinkarte, die sowohl in die Breite als auch in die Tiefe geht.
Dass es sich aber trotz der Neuausrichtung auch um ein Traditionshaus handelt, merkt man schon am „Gedeck“ vorneweg, dessen Basis warme Scheiben vom hausgemachten Brot aus immerhin 40 Jahre altem Sauerteig ist. Dazu gab es diesmal aufgeschlagene Süßrahmbutter mit Röstzwiebeln und Dillpulver sowie ein Pastinakensüppchen mit Wildschweinschinken unter einer Haube aus Sauerrahm. Als erster Gang kam ein Zweierlei vom Glen-Douglas-Lachs auf den Tisch: Zuunterst als Kreis arrangiert etwas Tatar, darauf eine Interpretation vom Waldorfsalat mit Sellerie, Apfel und Walnuss en miniature, obenauf zwei geräucherte Lachstranchen nebst Lachskaviar. Dazu wurde ein sattgrüner Feldsalatsud angegossen, aus dem sich vor allem fruchtige Süße nach vorne drängte. Ein halbes Dutzend kleiner Salatblätter waren mehr dekorativer Natur. Um es deutlich zu sagen: Als Auftakt eines Gourmetmenüs fehlte es dem recht banalen Gericht einfach an Raffinesse und Durchschlagkraft.
Mit dem zweiten Fischgericht jedoch wurde das Sieben-Pfannen-Niveau nicht nur erreicht, sondern deutlich getoppt. Zuvor aber gab es noch einen interessanten vegetarischen Gang, mit dem auch schon ein Zahn zugelegt werden konnte. Das „Kipferl“ vom in Sanddorn-Kombucha gegartem Muskatkürbis hatte zwar noch leichten Biss, ließ sich aber dennoch gut mit einem Löffel zerteilen, sodass sich immer auch etwas von dem Quittensüppchen zu einem harmonischen Aromenspiel dazugesellte. Für reichlich Crunch sorgten Kürbiskerne, mit denen der sichelförmige Schnitz komplett bedeckt war. Noch mehr herbe Fruchtmomente gab es durch ein Quittenkompott, süß-erdige Würze spendete Topinambur als Eis und Chips. Kurzum: ein spannendes, kräftiges, herbstlich-winterliches Gericht, bei dem man weder Fisch noch Fleisch vermisste.
Das bereits erwähnte Fischgericht, das nun folgte, war der Höhepunkt des Menüs: Der fürwahr „sanft gegarte Kabeljau“ war ummantelt von einem Nori-Algenblatt, obenauf nebst Kaviar knuspriges Stroh vom Lauch, der auch in einer ungemein gut ausbalancierten Velouté gelegentlich auftauchte. Weitere Ingredienzen waren Stücke von Miesmuschel und Auster, die sich im weißen Schaum sensibel einfügten, ohne mit allzu jodigen Aromen zu irritieren. In der Summe ergab dies ein zugleich kräftig und elegantes Geschmacksbild mit hohem Suchtfaktor.
Nach dieser vielschichtigen Geschmackstiefe tat sich das Fleischgericht naturgemäß etwas schwer, überzeugte aber dennoch mit seiner Ausgewogenheit und vor allem auch der präzisen Gartechnik. Das Stück vom Hirschrücken unter einer feinen Pistazien-/Kräuterkruste hatte schon eine beträchtliche Größe und – obwohl nicht sous-vide gegart, sondern klassisch rosa gebraten und danach in den Ofen geschickt – eine butterzarte Struktur. Auch der Würzgrad war anbetracht der Dicke des Fleischs sehr gut, ebenso wie Geschmack und Konsistenz der zugehörigen Jus. Süße, erdige und auch exotische Noten kamen durch die nordafrikanische Gewürzmischung Ras-el-Hanout und Salzorange, besonders in zu einer Art Bagel gebackenem Rotkraut, auf den mit Pistazien bestückte Rosenkohlblätter gesetzt waren.
Ein bisschen weihnachtlich wirkte auch das Dessert mit Mandarine als Sorbet und Süppchen, zumal dazwischen schlanke Lebkuchenstückchen gesetzt waren. Tolle Aromen- und Textureffekte dazu lieferten Nougatschaum, Erdnusssplitter und gedörrte Kumquatscheiben, die dem Dessert einen zartbitteren Touch gaben, so wie auch Kerbelöl im Mandarinensüppchen nicht nur optische Spuren hinterließ. Zum Kaffee schließlich darf man sich aus einer Schatzkiste mit zwölf verschiedenen Petits Fours bedienen.
Wie erwähnt lohnt es sich, ein wenig in der Weinkarte zu stöbern – aber man ist auch wirklich gut beraten, wenn man sich auf die Weinbegleitung zum Menü verlässt. So öffnete Niklas Grom ein großes Riesling-Gewächs vom Reichsrat von Buhl, Jahrgang 2016, schenkte mittels Coravin aber auch weniger Berühmtes wie einen raren Verdejo von Isaac Cantalapiedra aus. Ein besonderes Lob verdient der Service insgesamt: In einem ausgebuchten Restaurant mit rund fünfzig Gästen, darunter eine kleine Hochzeitsgesellschaft, so flott und aufmerksam zu agieren, ist leider auch in Spitzenrestaurants keine Selbstverständlichkeit – aber dazu müssen natürlich auch Timing und Konzentration in der Küche stimmen. Und das tun sie in der Burg!
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