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Abends |
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Do-Mo ab 17 Uhr, Di u. Mi Ruhetag |
Hauptgerichte: 21-25 €, Menüs: 49-69 € |
Das schlichte, schlauchartige Lokal mit den in einer Reihe formierten blanken Holztischen und dem lauschigen Freisitz im Hinterhof ist nicht einfach nur eine Weinbar, in der man auch ein paar nette Kleinigkeiten zu seinen Getränken bekommt – es hat sich binnen kurzer Zeit zu einer veritablen Feinschmeckeradresse entwickelt, die auch der Küche wegen angesteuert wird. Der smarte „Weinlobbyist“ Serhat Aktas bietet hier also nicht nur eine spannende, mit viel Expertise und persönlichem Profil zusammengestellte Weinkarte, sondern dazu auch attraktive Gerichte à la carte und sogar ein viergängiges Menü, das wahlweise vegetarisch geordert werden kann.
Einerseits gibt es mit hochwertigen Produkten bestücke Flammkuchen sowie Antipastiplatten mit ausgesucht hochwertigen Käse-, Wurst- und Schinkenspezialitäten zum auffällig guten Brot, die traditionellerweise unkompliziert zum Wein passen. Andererseits aber auch originellere, bisweilen recht kreative Sachen, die mit präsenter Schärfe und Säure anspruchsvoll zu begleiten sind. Und genau darin sieht der kommunikative Gastgeber und Sommelier eine Herausforderung, der er sich nur allzu gerne stellt und mit seinen ausgereiften Pairing-Ideen dann auch wirklich punkten kann.
In den Genuss einer kleinen Auswahl der herzhaften kalten Spezereien kommt man unter Umständen auch, wenn man das Menü nimmt. Zumindest in unserem Fall gab es beim letzten Besuch neben dem guten Sauerteigbrot auch ein bisschen Vulkanschinken und Bergkäse vorweg. Danach überraschte die Küche mit einer in einer Glasbowl angerichteten Vorspeise, in deren Mittelpunkt ein auf seiner Oberseite wie eine Crème brûlée gebrannter riegelförmiger, locker-saftiger Flan von Kräuterseitlingen stand. Dazu gab’s säuerlich eingelegte Champignons und rote Zwiebeln sowie als gelungene Kreativleistung ein dezent aber klar erkennbar mit Red Bull abgeschmecktes Apfelgel, das weit weniger künstlich und penetrant geschmeckt hat, als zunächst befürchtet. Dazu fluffig warme buttrige Brioche und fertig war ein sehr ansprechender, kulinarisch seriöser Auftakt.
Dem folgte im Menü eine ähnlich wie thailändische Tom Kha Gai abgeschmeckte Artischockensuppe, die aber ansonsten nicht fernöstlich inspiriert war, sondern mit Petersilien-Kürbiskernpesto im Boden des Schälchens sowie säuerlich mariniertem Fenchel als Einlage und der gewinnbringenden Süße schwarzer eingelegter Johanni-Walnüsse gekonnt gecrossovert. Nicht unser Lieblingsgericht des letzten Besuchs, aber durchaus stimmig und schmackhaft. Auch sonst hat Küchenchef Ronny Marx im vegetarischen Bereich einiges drauf, wie die mit einer raffinierten Sauce von Verjus und weißer Schokolade dynamisch aufgefrischten Rote-Bete-Komponenten als spannendes Intermezzo eindrucksvoll unter Beweis stellten.
Ein nicht mehr aus dem Angebot wegzudenkender Signature-Dish des Weinlobbyisten ist verständlicherweise die Kombination von saftspritzend zartem sous-vide gegartem Schweinebauch und säuerlich-knackigem Rettich-Kimchi mit Sesam auf einer Mayonnaise von fermentiertem schwarzem Knoblauch. Das ist markant, leicht zugänglich und eingängig, aber trotzdem anspruchsvoll. Dank straffer Säure und Schärfe nicht ganz so leicht zu begleiten, aber der schon etwas gereiftere 2017er Chardonnay Kalkmergel vom Pfälzer Weingut Münzberg erweist sich hier als kongenialer Partner und untereicht einmal mehr, wie treffsicher Serhat Aktas seine Pairings zusammenstellt.
So wie auch der 2019er Blaufränkisch vom bekannten burgenländischen Weingut Umathum ein perfekter Begleitwein zur zarten Gänsebrust mit fermentiertem Rotkraut und ebenso knusprigem wie zart fluffigem Croûton-Semmelknödel war: nicht zu tanninstreng und säurebetont und deshalb auch mit der Säure des Krauts nicht auf Konfrontationskurs. Hier gelang es Ronny Marx, ein gutes klassisches Traditionsgericht mit ein paar wohldosierten Ecken und Kanten der Behäbigkeit zu entrücken und es trotzdem nicht bemüht kreativ wirken zu lassen.
Wie sicher der Küchenchef aber trotzdem auch im kreativen Fach unterwegs ist, zeigte abschließend das Dessert, bei dem er eine Art Cheesecake von roter Paprika und Hummuscreme mit Sesam mithilfe von Himbeere (gefriergetrocknete Segmente und Coulis) und Vanille (als Eis) zu einem spannenden Nachtisch werden ließ. Experimentierfreudig, aber nicht experimentell, weil die ungewöhnlichen Aromen hier einmal mehr zu einem harmonischen Ergebnis führen. Wer also in entspannter und völlig ungezwungener Atmosphäre ein paar genussreiche und kurzweilige Stunden mit anspruchsvollen bezahlbaren Weinen und spannender Küche verbringen will, ist beim Weinlobbyisten in Schöneberg an der richtigen Adresse.
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