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Fotos: Der Butt / Friederike Hegner

Der Butt

im Hotel Yachthafenresidenz Hohe Düne
Am Yachthafen 1
18119 Rostock (Warnemünde)
0381-50400

aktualisiert: 07 / 2022
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 169-229 €

Nach den starken Auftritten der jüngeren Vergangenheit, die für Küchenchef André Münch zuletzt in dem Titel „Aufsteiger des Jahres“ gipfelten, waren wir natürlich gespannt, wie dieser das hohe Niveau wohl zwischenzeitlich festigen konnte. In der Vergangenheit gelang es Münch mit seiner Verbindung von starker Substanz, Ambition und Produktfanatismus Jahr für Jahr, immer noch eine Schippe draufzulegen. Besonders beim Besuch in der schwierigen Testsaison 2020/2021 erlebten wir das Restaurant direkt am Yachthafen nach der coronabedingten Pause und der Reduktion auf ein einziges Menü in blendender Verfassung.

Und die ersten Vorboten aus der Küche riefen auch in diesem Jahr gleich wieder die herausragenden Menüs in Erinnerung, die wie hier bereits erleben durften, und bei denen Münch mit fein austarierten, kräftig gewürzten und klassisch verankerten Geschmacksbildern punkten konnte. Heimische Aromenwelten weiß der hünenhafte Chef ebenso zu bespielen wie fernöstliche, wie ein Cracker-Arrangement mit jeweils Krabbe, Hering und Lachs bewies, dem ein Thunfischtatar mit Koriander und scharf-süßer Chilisauce entgegengestellt wurde.

Etwas irritiert waren wird dann aber bei gleich mehreren darauffolgenden Gängen, die insbesondere in Hinblick auf die Saucen leider etwas weniger mit dem grandiosen Handwerk gemein hatten, für das wir André Münch seit Jahren so sehr schätzen. So war beispielsweise beim Zwischengang mit Steinbutt, Kalbskopf und Morcheln zwar der Hauptdarsteller in sehr guter festfleischiger Form auf dem Teller zugegen, das Saucenduo aus japanischer Hollandaise und dunkler Morcheljus wirkte auf uns jedoch verblüffend flach und wenig aussagekräftig, wobei das Problem hier konkret bei der Jus lag. Die Sauce war nämlich nicht etwa von den dichten Aromen gezeichnet, wie man sie von einer sorgfältig einreduzierten Fleischjus kennt – aber eben auch nicht von der Leichtfüßigkeit, in der nur schwach reduzierte Saucen ebenfalls ihre Berechtigung haben. Vielmehr fehlte es hier aromatisch an Tiefe, Länge und Substanz, worüber auch die dickliche Bindung nicht hinwegtäuschen konnte.

Ein ähnliches Problem begegnete uns beim Zwischengang mit japanischem Wagyu-Beef, N25-Kaviar und europäischem Hummer: großartige Hauptprodukte wurden hier von einer relativ schwachen Sauce heruntergezogen, die diesmal auf Basis von geschmortem Weißkraut und Miso zubereitet war. Denn auch wenn hier die Machart völlig anders war, blieb das Problem des rückständig wirkenden Braune-Saucen-Charakters, den auch schon die Morcheljus mitbrachte. Zumal die Kombination aus lang gegartem Kohl und diffus brauner Sauce an zu beiläufig gekochte Krautwickel erinnerte und nicht jene Klarheit, Tiefenschärfe und Brillanz an den Tag legte, die wir in dieser Bewertungskategorie voraussetzen.

Wirklich schlau wurden wir diesmal nicht aus dem Saucenhandwerk, vor allem, weil wir den Butt seit Jahren begleiten und stets über das trittsichere französische Handwerk Münchs staunen konnten. Denn auch beim dritten Gang mit Jus sahen wir uns wieder mit einer seltsam schwachen Sauce konfrontiert, diesmal auf Lammbasis. Aber der bestimmende Ton, das leicht Tranige in Kombination mit zerkochtem Fleisch und ausgelaugtem Gemüse, war der gleiche, wie schon auf dem Steinbutt- und Wagyu-Teller. Schade, denn einmal mehr konnten wir an der Konzeption des Gerichts großen Gefallen finden – vor allem dank der Kombination aus gebratenem Lammrücken und krosser Zwiebel-Erde, die an Chipotle erinnerte.

Dabei kann es Münch doch nach wie vor, wie unter anderem ein Zwischengang mit Carabinero, Bauch vom Duroc-Schwein und asiatischen Aromen bewies. Das edle Krustentier verbrachte leicht eingebeizt einige Zeit in der Wärme der Passlampe, bis es mit dem Gasbrenner scharf abgeflämmt wurde, so dass sowohl die phänomenale Produktqualität als auch die rösche Nussigkeit des Tiers maximal herausgekitzelt wurden. Dass die Aromenwelt hier mit (vermutlich) Ingwer, Koriander, Chili und Sojasauce fast ein wenig kitschig im Asia-Style daherkam, störte kein bisschen, da es Münch bravourös gelingt, die Aromen in Balance zu halten. Auch ein Lack mit vermutlich hohem Sojaanteil, der die dünne Tranche des Duroc-Bauchs bedeckte, überzeugte voll – und zeigte uns, dass Münch das Saucenkochen natürlich im Kern nicht plötzlich verlernt hat.

Gelänge das immer so gut, würden die 9 Pfannen auch nach diesem Besuch nicht wackeln. In Anbetracht gleich mehrerer Unstimmigkeiten, ausgerechnet im Rückenmark der Haut Cuisine – dem Saucenhandwerk – kommen wir aber nicht um einen „Warnschuss“ herum. Zumal es nicht ausschließlich die Saucen waren, die wir jüngst als weniger versiert und stringent wahrnahmen. Auch waren einige Mousses, Cremes und Eismassen von einer grieseligen Textur gezeichnet, was die Teller stets ein bisschen der Reinheit beraubte und sie am brillanten Strahlen hinderte. Das war bereits bei der warm servierten Rouille zum Lammgericht der Fall und setzte sich bei den Desserts weiter fort.

So war beim ersten Dessert sowohl das Limettensorbet kristallisiert als auch die Joghurtmousse leicht geronnen. Ein weiteres Luxusproblem bei den Desserts entstand durch die Redundanz der der beiden Gerichte. Auf Limette, Champagner, Jogurt folgte mit Erdbeere, weißer Rum, Mascarpone ein Dessert, dass die gleichen Felder aus fruchtig-sauer, cremig-sahnig und alkoholisch-herb bespielte. Obwohl beide Nachtische unterm Strich äußerst schmackhaft zubereitet waren, ist das nicht die dramaturgische Konsequenz, die eine mit 9 Pfannen ausgezeichneten Küche von einer grundsoliden Gourmetküche unterscheidet.

Abseits von diesen Unstimmigkeiten, die wir vorerst als Momentaufnahme werten und die Bewertung unangetastet lassen, ist im Butt alles beim Alten geblieben. Auch wenn das Serviceteam recht schlank besetzt ist, gelingt es dem charmanten Restaurantleiter Thomas Heimann für reibungslose Abläufe zu sorgen. Es lohnt zudem sehr, seinen glasweisen Empfehlungen zu folgen, die auch mal nicht ganz alltägliche Weine beinhalten, wie einen Einzellagen-Furmint aus Ungarn oder eine knackig-frische Rotweininterpretation aus Riojas höchstgelegener Subregion. Und auch den auffallend jungen, aber herzlichen und hochprofessionellen Kellnern und Kellnerinnen aus Heimanns Team möchten wir unser ausdrückliches Lob aussprechen.

Für alle Freunde und Stammgäste, die sich nach unserer konstruktiven Kritik um ihren Butt sorgen, möchten wir mit einem Positivbeispiel dessen schließen, was Andre Münch und sein Team im Normalfall so auf die Teller bringen können. Deutlich wurde das ausgerechnet beim Amuse-Gueule – allerdings einem, das größer skaliert auch schon als Zwischengang auf der Karte stand. Hierfür garte die Küche eine dicke Tranche vom Loup de Mer auf den Punkt, sodass seine fleischigen Lamellen zum Vorschein kamen, und paarten ihn mit Kaviar sowie einem kleinen Kartoffeltaler. Der Clou des Gerichts war – neben dem perfekten Grundprodukt – ein Saucen-Duo, ganz ähnlich erdacht, wie beim Steinbutt. Mit einer grasig-grünen präzise krautig-würzigen Schnittlauchvinaigrette, die sich auf dem Teller mit der tiefen Sämigkeit einer Beurre blanc mit französischer Crème fraîche und hausgemachtem Weißweinessig vermählte. So eingängig und eindringlich kann gute Küche sein und André Münch weiß, wie man sie auf den Teller bringt. Jetzt muss das nur künftig wieder durchgängig klappen. Aber da sind wir optimistisch!

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