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Fotos: Coda Dessert Dining

Coda Dessert Dining

Friedelstr. 47
12047 Berlin
030-91496396

aktualisiert: 06 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 19 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 244-318 €

Dass manche Gourmets, die noch nie im Berliner Coda oder einem der wenigen ähnlichen Dessert-Dining-Konzepte in Europa wie beispielsweise dem Espaisucre in Barcelona waren, ein wenig mit dem Gedanken fremdeln, den ganzen Abend über Nachtisch zu essen, kann man nachvollziehen – ihnen aber zugleich auch die Bedenken nehmen! Denn obwohl die mittlerweile etwa 15 Gänge (darunter auch sehr kleine Kleinigkeiten) des Tasting-Menüs bei Top-Patissier René Frank und seiner Küchenchefin Julia Leitner natürlich schon alle irgendwie eine Art Dessertcharakter haben, kommen sie erstens generell mit sehr wenig Süße aus und sind zweitens auch herzhafte Dinge zum Beispiel mit würzigem Käse darunter, so dass man keinesfalls Angst haben muss, hier mit einer Süßspeisenorgie konfrontiert zu werden, von der man schnell genug hat.

Man muss noch nicht mal ein großer Nachtischfan sein, um das Kulinarium im Coda gut zu finden. Mit nur ein klein wenig Faible für kreative Desserts kann man sich schnell für all das begeistern, was da in diesem kleinen und puristisch dunkel gestalteten Lokal in Kreuzberg mit Thekenplätzen und fünf bis sechs Tischen von innovativem Umgang mit Gemüse und Kräutern in der Pâtisserie bis hin zur selbst hergestellten Schokolade alles geboten wird. Das zuletzt nochmal geschärfte Profil, das jetzt für alle Gästen ein einheitliches und deutlich umfangreicheres Menü vorsieht, bescherte uns diesmal einen Mix aus Altem und Neuem, etwa dem bereits bekannten Gummibärchen von Gelber Bete oder dem mit Ochsenmark statt Butter gebackenen „Beefcake“ auf Basis von Mandel und Süßkartoffel, der herzhaft-umamiwürzig auf das weitere Menü einstimmte. Neu war für uns der Brioche-Donut von Gouda und Steckrübe, der in seiner herben erdigen Art überraschend an den Geschmack von schwarzer Trüffel erinnerte und schon von daher als ein sehr origineller und wohlschmeckender Appetizer in Erinnerung blieb.

Das Programm der größeren Kompositionen startete mit einem alten Bekannten, einer flächig in den Tellerrand ausgestrichenen Mascarponecreme, die mit knusprigen Wirsingpartikeln und rohen Kakaobröseln beflockt war. Und die sich in Kombination mit der in den Teller angegossen, mit Tapioka vermengten und mit Thymian aromatisierten Grapefruitvinaigrette zu einem spannenden Akkord verband. Ein eher frisches, fruchtiges und helles, transparentes Dessert. Dem folgte ein immer wieder leicht variierter Klassiker aus dem Coda-Programm, den wir aber bis dato noch nie gegessen hatten: Ein zum Törtchen geschichtetes Zweierlei von Aubergine mit Pekannussparfait, Apfelbalsamessig und Lakitzsalz – ein eher feinwürziges, tiefaromatisches Dessert, das durch seine Konsistenzen und die Aromenfarben dichter und dunkler wirkte.

Dass das Menü grundsätzlich mit einer entweder alkoholischen oder alkoholfreien Getränkebegleitung offeriert wird, macht viel Sinn, denn nicht selten spielt tatsächlich die Paarung mit den stets sehr schlank gehaltenen Begleitgetränken eine nicht unwesentliche Rolle. Vor allem im Zusammenspiel mit den deutlich markanteren alkoholischen Getränken entstehen nochmal ganz neue Akkorde, die für einen Aha-Effekt sorgen können. So wie beim Pairing von Raclette-Waffel, Joghurt und Kimchi-Pulver mit einem Drink, der aus Berliner Weiße, Dill-Aquavit und Birnengeist kreiert war. Denn das würzige Aroma im Glas erzeugte in Kombination mit dem herzhaften Käse einen sehr wohlschmeckenden und originellen Twist. Da konnte der Apfel-Quitten-Secco aus der alkoholfreien Begleitung nicht mithalten.

Ähnlich bei der mit sahnig-moussigem Tofu gefüllten geeisten Rote-Bete-Schale, die von weiteren Bete-Komponenten wie einer dünnen Karamellhippe und von Moosbeere umspielt wurde und deren erdig-süßlicher Grundcharakter von einem Gel aus Verjus mit hellfruchtigen, straff säuerlichen Kontrastpunkten aufgespaltet wurde: Das aus Himbeere, Molke und Verjus gemischte nullprozentige Getränk konnte dem Dessert bei weitem nicht denselben Spannungsbogen und Mehrwert liefern wie der Mix aus Kirschbrand, Waldhimbeerbrand und Wermut.

Ein kleines Intermezzo aus knusprigem Kopfsalat, der als hauchdünne Schale etwas mit Salzgurkenpulver aromatisierten Frischkäse transportierte und so fragil war, dass er vorsichtig mit einem Happs verspeist werden musste, zauberte einen süß-sauer-salzigen Akkord an den Gaumen, der von einem eher herzhaften Gang, dem kurz und heiß gebackenen und deshalb außen knusprigen und innen noch fließenden „Cheesecake“ aus würzigem Cironé-Käse weitergeführt wurde. In dessen mit kleinen fleischigen Selleriekomponenten bestückten knusprigen Deckel aus Knollensellerie darf der Gast mit dem Löffel ein Loch stechen, in das dann direkt am Platz noch eine herbe Kaffeejus gegossen wird, die diesen Dreiklang aus würzigem Käse, erdigen Komponenten und eben süßlichem Kaffee-Flavour erst komplettiert.

Ein sehr starker Gang und ähnlich vielschichtig und vollmundig wie das originell arrangierte Miteinander von Süßkartoffel, Schmand, Apfel und Shiitake-Pilzen in unterschiedlichen Zubereitungen von knackig über cremig bis knusprig, der zwar tendenziell wieder etwas süßer war, aber auch mit einem salzigen Wechselspiel den Gaumen triggerte. Oder der mit einer Ganache aus der eigenen, herrlich tiefgründig, komplex und fruchtig schmeckenden Schokolade hergestellte Gang, bei dem eine in einer Schleife aus dünner karamellisierter Sojamilch versteckte, cremige Schokoladenpraline mit reduziertem Kirschsaft liiert wird.

Nochmal recht abgefahren wurde es im Finale mit den Aromen von Petersilienwurzel, schwarzem Knoblauch, Pistazie, wobei der süßlich-würzige, immer ein wenig an Lakritz oder ganz alten Balsamico erinnernde fermentierte Knoblauch als Creme, die Petersilienwurzel als Parfait und Chips und die Pistazien geröstet aufeinandergeschichtet lagen – das Ganze sich aber erst durch die gar nicht annoncierte, aber durchaus spielentscheidende Vinaigrette von Limette und Blattpetersilie mit ihrer forschen Säure und den herben zitrischen und kräuterwürzigen Noten zum fulminanten Abschluss formierte.

Originelle Schokoladenkombinationen gab es mit den zum Kaffee gereichten „Dragées“, etwa von Olive oder Rote Bete. Und final nochmal Schokolade sehr pur, nämlich einen dünnen Stick von der hauseigenen 76%igen, dessen Kern ausschließlich mit Dattel gesüßt und mit etwas Butter zur cremigen Füllung gearbeitet war. So stellt man abschließend einmal mehr erfreut fest, dass man zwar den ganzen Abend über Desserts, aber kaum Zucker zu sich genommen hat. Leicht und beschwingt verlässt man das Coda sowieso.

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