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Fotos: Brothers

Brothers

Kurfürstenstr. 31
80801 München
089-45461930

aktualisiert: 07 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18 Uhr, So von 12-13.30 Uhr, Mo u. Di Ruhetag
Hauptgerichte: 34-40 €,
Menüs: 150 €

Auf kaum eine Stadt richtete die nationale Gourmetszene in der jüngsten Vergangenheit ihre Augen gespannter als auf München – und das neueröffnete Restaurant Brothers ist einer der Gründe dafür. Wenn das Gastgeber-Duo, das wir seit Jahren aus den Restaurants von Tohru Nakamura kennen, gemeinsam mit einem ehemaligen Sous-Chef aus dem Tantris ein Restaurant eröffnet, sind natürlich auch wir hellhörig und gespannt.

Das Schwabinger Lokal, das die Zwillinge Markus und Tobias Klaas mit Küchenchef Daniel Bodamer im Schlepptau übernahmen, unterscheidet sich dabei auf den ersten Blick schon deutlich von den jeweiligen vorigen Stationen der Drei: kleiner als das Tantris und viel quirliger als die Schreiberei von Tohru Nakamura. Das Sechs-Gang-Menü kann man sogar auf Hockern am Bartresen bestellen. Die Rollen der Brothers, die bei Nakamura noch klarer in Restaurantleiter und Sommelier unterteilt waren, verschwimmen in der Selbstständigkeit natürlich, sodass man Markus Klaas öfter mit der Weinflasche am Tisch sieht und auch Tobias Klaas sich mit viel mehr befasst als ausschließlich mit Wein. Und diese neue Lockerheit steht den Klaas-Brüdern bestens!

Kulinarisch geht es im Brothers sehr viel um Wohlgenuss, um „die Freude am reich gedeckten Tisch“, wie schon die Website verspricht. Dass man hier stets süffig und dicht, aber dennoch fein nuanciert kocht, zeigte schon der erste Snack aus Profiterol, Comté und Speck, der vor allem durch reintöniges Frittierhandwerk und ein leichtgewichtiges Mundgefühl bestach. Ein perfekter Einstieg, der die Lust am Kochen und Schlemmen auf den Punkt brachte.

Noch besser wurde es mit einer pochierten Gillardeau-Auster mit Fior di Latte-Schaum, Sauerampfer und Kürbiskernöl. Die ungewohnte und völlig neuartige Kombination schaffte es, der Auster eine ganz neue Komponente zu entlocken. Gewohnte fruchtig-säurehaltige Arrangements verdecken meist bewusst die süßlich-jodige Facette der Auster, die hier aromatisch im Mittelpunkt stand, was die Muschel aus einer völlig neuartigen Perspektive darstellte. Ein sehr kreativer, nahezu musealer Austerngang, dabei am Gaumen aber völlig unverkopft und fast schon unverschämt „lecker“.

Weiter ging es mit einem Amuse-Gueule aus kühler Tomatenessenz mit Rucola, Curry und Pinienkernen. Überzeugen konnte neben der herrlich reintönigen, aromatisch transparenten Essenz die Kombination aus Curry und Rucola, die im ersten Moment etwas zusammenhangslos wirkte, dann aber auf magische Art von den sehr dunkel gerösteten Pinienkernen miteinander verbunden wurde. Sehr gekonntes Finetuning!

Auch im Glas lief alles bestens. Zum Aperitif servierten Sommelier-Brother Tobias Klaas und sein Team Jacquesson. Dass hier einer der besten Champagnerwinzer, den man derzeit finden kann, offen ausgeschenkt wird, zeigt, wie ernst man es meint. Aber auch, dass das Brothers es schafft, einer kulinarisch versierten und zahlungskräftigen Kundschaft Lust aufs Schlemmen zu machen. Das sorgt für einen guten Durchsatz solcher Weine und ermöglicht es den Klaasens, auch mal exklusivere Flaschen für den glasweisen Ausschank zu öffnen.

Dabei ist die Weinbegleitung alles andere als bloßes Namedropping, sondern sehr klug ausgewählt. Zur Vorspeise passte ein knackiger, modern interpretierter Grüner Veltliner vom Weingut Muthenthaler bestens, der herrliche Frische, Grapefruit, Zitronensaft und etwas grasige Erbsen mitbrachte. Dieses Spiel war auch im Gericht mit lauwarmer Forelle, Forellenkaviar, Eisenkraut, Radieschen und (fast?) rohen Erbsen vertreten. Großartig passte dazu die Sauce Vierge auf Basis von Olivenöl und Zitronensaft, in die das Küchenteam winzige Brunoises Gelber Bete gab. Ein wunderbar frischer, grasiger Gang, der zusätzlich Komplexität aus dem erfrischenden Zusammenspiel des Eisenkrauts und dem behutsam darüber gehobelten Meerrettich generierte.

Ebenfalls grandios sommerlich, aber noch ein wenig ausdrucksstärker, fiel der Zwischengang mit Zucchiniblüte, Ricotta und Sauce Pistou aus. Der mit Ricotta und geschmorter Zucchini gefüllten Blüte gelang nämlich der Spagat, zwar fettig, käsig und gegrillt zu schmecken, dabei aber trotzdem filigran austariert zu wirken. Sehr angetan waren wir auch von der provenzalischen Sauce Pistou, die Pesto ähnelt, aber keine Pinienkerne enthält. Bodamer interpretierte die Sauce etwas freier und kreierte durch Zugaben von Sonnenblumenkernen, Tomatenconcassée und sehr hochwertigem altem Essig eine herrlich vibrierende Vinaigrette. Als wir die letzten Tropfen mit der hervorragenden saftigen Tomaten-Focaccia auftunkten, mussten wir dreimal aus dem Fenster schauen, um uns zu versichern, wirklich noch in München und nicht schon an der Riviera zu sitzen.

Auch danach riss das Niveau nicht ab. Von der Riviera ging es jetzt gedanklich auf die Île de Ré an die Atlantikküste, denn im Mittelpunkt des Zwischengangs stand ein exzellenter fleischiger Kaisergranat, den die Küche mit Artischocke, dichter Bisque mit Estragon und scharf angebratenem und dadurch betörend nussig-würzigem Spinat servierte. Wie punktgenau Bodamer dabei vorgeht, verdeutlichten winzig kleine Körner von grünem Anis, die dem Kaisergranat eine subtile, aber entscheidende Mentholspritze verpassten, ihn aber nicht dominierten. Eine Wucht!

Auch hier bewies Klaas sein goldenes Sommelier-Händchen, indem er einen weißen Bordeaux von Château Larrivet Haut-Brion dazu servierte, der uns pur fast ein wenig überladen, zu cremig, zu holzig, zu üppig gewesen wäre, sich jedoch in Kombination mit diesem dichten und intensiven Gericht als perfekter Partner erwies. Dabei zeigte der Sauvignon-Sémillon-Blend durch seine zeitgenössische, in Ansätzen auch reduktive, knackige Machart genug Feinheiten, um die angesprochene Menthol-Frische nicht niederzubügeln. So macht Weinbegleitung Spaß und Sinn!

Sehr gut war auch der Steinbutt Bordelaise. Der sehr schlichte Gang bestand lediglich aus einer saftig gebratenen dicken Tranche Steinbutt, Kapern, Croûtons, Salzzitrone, Petersilie und Dill. Besonders letzterer half mit seiner eigenständigen und gerade nicht diffusen Kräuteraromatik, das Gericht in einen kreativen Zusammenhang zu stellen. Nicht ganz vorteilhaft erschien uns die Sauce, die im Wesentlichen aus Butter bestand, ohne dass eine andere Komponente emulgiert worden wäre. Das machte das Gericht zwar aromatisch sehr schmackhaft, erzeugte aber nach einigen Gabeln etwas zu viel Völlegefühl.

Ein ähnliches Problem hatten wir auch beim Hauptgang um Reh mit gesalzener Aprikose und Pfifferlingen, der zwar mit umwerfend gutem, saftigem Fleisch punkten konnte, aber gerade die Finesse vermissen ließ, die die vorigen Gänge auszeichnete. Hier lag das auch am recht spärlichen Einsatz von Gemüse, was gerade im Sommer, wenn alles sprießt, blüht und gedeiht, ein wenig schade ist. Dennoch: im Endeffekt war auch das ein sehr gutes Gericht auf hohem handwerklichem und qualitativem Niveau.

Sehr angetan waren wir auch kompositorisch wieder beim Dessert: eine kleine Tarte auf Basis von Mandelmürbteig mit Erdbeere, Holunder und Buchweizen. Das im ersten Moment unscheinbar wirkende Gericht mit etwas Erdbeereis, etwas Gelee, ein wenig Crumble und ein bisschen Schaum entpuppte sich nämlich am Gaumen als spannungsgeladene Kreation. Vor allem die maximale Differenz aus schmeichelnder betörender Erdbeere und gnadenlos eigensinnigem Buchweizenschaum hinterließ bleibenden Eindruck. Ein Abschluss mit Ausrufezeichen!

Das Menü im Brothers zeigte uns drei Dinge. Erstens, dass mit Daniel Bodamer, der uns bislang nicht in erster Reihe begegnete, ein neuer Küchenchef die Bühne betreten hat, von dem man noch viel hören wird. Zweitens, dass die Klaas-Brüder auch in der Selbstständigkeit und ohne die große Brigade einer Schreiberei bestens klarkommen. Und drittens, dass man im Brothers nicht nur richtig gut essen, sondern auch mit großem Spaß Gast sein kann.

An vielen Stellen wirkt das Restaurant wie eine moderne Variante der frivolen, damals neuen Münchner Gourmet-Szene der 80er-Jahre: die jungen Kellner in stylishen Anzügen, die recht laute Musik, das quirlige, lustvolle Ambiente, die zeitgemäß leichte und trotzdem niemals frugale oder asketische Küche. Aber auch die hemmungslose Lust am wilden Bestellen, die jeden genussaffinen Menschen eigentlich packen sollte, sobald er das Brothers betritt. Und last but not least das oft auch extravagante Münchner Publikum. Schade, dass Helmut Dietl nicht mehr lebt, er könnte hier herrliche Geschichten erzählen!

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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