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| Täglich ab 18 Uhr, kein Ruhetag |
| Hauptgerichte: 36-79 €, Menüs: 95 € |
Das ebenso weitläufige wie mondäne Resort Weissenhaus an der Ostsee präsentiert sich als beachtliches Gesamtkunstwerk: ein prächtiges Schloss im Mittelpunkt, eine hochherrschaftliche Gutsanlage mit allerlei historischen Gebäuden, ein Paradeblick auf die Ostsee und jede Menge Annehmlichkeiten für die Hotelgäste. Selbstverständlich kommen lukullische Freuden dabei nicht zu kurz – insbesondere das am Rande der Anlage gelegene Bootshaus erfreut sich aus mehreren Gründen großer Beliebtheit. Zum einen befindet es sich direkt auf der Düne zur Ostsee, zum zweiten steht es auch externen Gästen problemlos offen, und zum dritten bietet es einen weltoffenen und leicht zugänglichen Küchenstil, der seit der Rückkehr von Küchenchef Christopher Schlang wieder mit deutlich mehr Qualität und Kontur aufwartet.
Zu beachten ist dabei, dass mittags etwas einfacher aufgekocht wird, während abends das ganze Können der Küchenequipe erstrahlen darf. Da es zwei Sessions pro Abend gibt, sieht das Konzept aus Zeitgründen zwar ein reines Angebot à la carte und keine Menüs vor, aber dafür bietet man dem Gast von der Vorspeise bis zum Dessert auch gut zwei Dutzend Gerichte zur Auswahl an. Ein echtes Profil ist damit schwerlich zu schärfen, aber mediterrane Töne dominieren jedenfalls deutlich auf der Speisekarte.
Wer in dem lichten Etablissement mit viel Glas und Holz Platz nimmt, wird sogleich von der emsigen Servicebrigade umsorgt, und darf bei sommerlichem Wetter selbstverständlich auch auf der Terrasse einen Aperitif schlürfen, oder auch das ganze Mahl einnehmen. Wir tauchten jedenfalls gleich voll ein und starteten ohne Umschweife mit dem ersten Gang, einer farbenfrohen Inszenierung von Wildwassergarnelen. Die Optik hätte sich eines Designpreises als würdig erwiesen, doch bewies die Küche gleich zu Beginn auch bei den Aromen ein beachtliches kompositorisches Feingefühl, indem sie die (etwas feste) Mousse des Krustentiers als Farce für Avocadoröllchen verwendete und zugleich das Tatar der Garnele als Basis für eine überaus launige Entourage aus Ceta-Kaviar, Sorbet von Avocado und eingelegten Kumquats einsetzte. Die geschickte Balance von Süße und Salinität gewann durch den Einsatz von Karottenlassi noch weiter an Kontur. Fraglos ein starker Auftakt.
Bei der Präsentation von mustergültigen Linguine verließ die Küche die ausgetretenen Pfade erneut, denn die aufgerollte und auf Pistazienpesto gebettete Pasta wurde mit einem fast zu milden Tatar von Thunfisch getoppt, während Kapern und insbesondere Zitronenverbene kleine, aber feine Akzente setzten und ein Abdriften in eine zu große Eindimensionalität verhinderten. Abermals bewegte sich der Geschmack nahezu auf demselben Niveau wie die kreative Optik.
Insbesondere dank der Betonung des natürlichen Geschmacks und des Verzichts auf verfremdende Texturen geriet der Rücken vom Holsteiner Salzwiesenlamm zum Meisterstück des Abends, selbst wenn die aufgegossene Lammjus etwas arg dünn war. Eine adrett angerichtete Begleitung aus Oliven, Radieschen, Pistazie, Aubergine und einer gebackenen Praline mit einer Farce von Lammragout wog diesen Umstand aber locker auf, zumal Tupfen von Joghurt mit roter Bete auch noch eine eigene Note ins Spiel brachten. Den ständigen Rückgriff auf sehr cremige Texturen bei nahezu jedem Teller empfanden wir indes als sehr sättigend, weshalb sich aus unserer Sicht im Sinne der Leichtigkeit und der Abwechslung hin und wieder eine klarere Struktur als gewinnbringend erweisen sollte.
Das stilistisch konservativere Dessert rückte einen Spiegel von Brombeere in den Mittelpunkt, der von einer Mousse aus weißer Schokolade umrundet wurde. Darüber waren auf einem Streifen von Biskuit nicht nur Himbeere als Gel oder Sorbet, sondern auch etwas Basilikum und cremige weiße Schokolade angerichtet. Diesem fehlerlosen, aber etwas braven Ausklang fehlte aus unserer Sicht ein Reizpunkt, denn der dominanten Süße hätte etwas mehr kontrastierende Säure spürbar gutgetan. Wer dagegen mehr Wert auf Optik legt, kam einmal mehr auf seine Kosten.
Neben der Traumlage gibt die vorherrschende heitere Atmosphäre dem Lokal eine klare Trumpfkarte in die Hand. Den Gästen bietet sich die Gelegenheit, bekannte Gerichte in teils schillernder Optik neu umgesetzt zu erleben, ohne dass der Geschmack dabei zu kurz käme. Obwohl es zutrifft, dass manch marginales Detail sicherlich noch verbessert werden könnte, hält der jüngst zu beobachtende Trend der stetigen Steigerung offenbar weiter an. Den kleinen Unebenheiten steht eine bemerkenswerte Zahl an kühnen Ideen gegenüber, die zudem fast immer sicher umgesetzt werden und heuer von uns mit dem Bonuspfeil honoriert werden. Dank qualitativ hochwertiger Produkte sind die Rahmenbedingungen für eine weitere Entwicklung absolut vorhanden. Kein Wunder, dass wir dem nächsten Besuch schon entgegenfiebern!
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