Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Di-Fr ab 18.45 Uhr, Sa-Mo Ruhetag |
Menüs: 244-298 € |
Das bereits im Vorjahr grundlegend umgestaltete Gourmetrestaurant im Landhaus Stricker, das nach seinem Patron und Küchenchef Holger Bodendorf benannt ist und sich nach dem jüngsten Relaunch ein wenig im Popart-Stil präsentiert, gehört zu den beständigen Klassikern unter den Sylter Fine-Dining-Adressen. Stilistisch ist Bodendorfs Kulinarium seit jeher weniger vom hohen Norden als vielmehr vom tiefen Süden geprägt: viel Mediterranes aus allen Regionen des Mittelmeerraumes, gekocht auf klassischer französischer Basis, hier und da auch mal mit dezent fernöstlichen Einflüssen und auch sonst immer sehr weltoffen und kreativ.
Dazu passt auch, dass es hier über die Jahre hinweg nur äußerst selten irgendwelche Wiederholungen gab, weil das Team ständig neue Ideen zu Porzellan bringt. So auch beim letzten Mal, als nach kurzweiligen Miniaturen im Fingerfoodformat mit geflämmten Lamellen vom gebeizten Hamachi nebst Ponzu-Mayonnaise auf grünem Gazpacho-Sud das erste kleine Löffelgericht aus der Küche kam, mit dem recht deutlich auf die stilistisch weltoffene und konzeptionell recht klassische Art der Küche hingewiesen wurde.
Und in diese grobe Richtung zeigten genauso die qualitativ wirklich hervorragenden, sehr festfleischigen und klararomatischen Jakobsmuscheln, die mit Spargel aus dem Alten Land kombiniert wurden, der als zart knackige weiße Spitzen, als Mousse in einem mit Gelee ummantelten Cannellono sowie in Gestalt einiger Stängel von wildem grünem Spargel auf dem Teller zu finden war. Herbfrisch und grünaromatisch umspielt von knackigen Erbsen und Brunnenkresse-Vinaigrette, sowohl zitrusfrisch angespitzt als auch schmelzig eingefangen von einem dichten Yuzu-Schaum, war das ein ausgesprochen leichter und trotzdem markanter Start.
Aromatisch deutlich zupackender und herzhafter wurde es im Anschluss rund um ein sehr schönes Exemplar Gamba Carabiniera. Der tiefrote, präzise abgeflämmte Schwanz des Krustentiers teilte sich das Porzellan mit einer Nocke Auberginenkaviar und rauchig-fruchtigem Kompott von gegrillten roten Pimentos, woraus in Kombination mit etwas Granatapfel für wohldosierte fruchtige Süße und einer Mischung aus intensiver Pistaziencreme und der Gewürzmischung Ducca für nussigen Schmelz und pikante Hintergrundwürze ein recht komplexes und kontrastreiches Geschmacksbild wurde.
Während in diesen beiden ersten Gängen die Aromenakzente noch sehr klar, deutlich und prägnant herausgearbeitet waren, fiel der Spannungsbogen in der Folge etwas ab, was zwar zu sehr harmonischen, aber stilistisch etwas gediegenen Geschmacksbildern führte. Etwa beim Tatar vom Wagyu-Rind mit Imperial-Kaviar, das vom Schmelz des dazwischenliegenden, mit zart fließendem Wachteleigelb gefüllten Raviolo geschmeidig eingelullt wurde und derart geschmiert auch mit den Perlzwiebeln und der Pinienkern-Vinaigrette eine einvernehmliche Verbindung einging.
Dass bei Holger Bodendorf die Produkte von weit überdurchschnittlicher Qualität sind und sich auch deren Zubereitung auf nahezu jedem Teller als makellos präsentiert, muss im Grunde gar nicht mehr explizit angeführt werden und wurde auch bei dem punktgenau in Nussbuttermolke zu einem perfekten Exemplar pochierten bretonischen Kabeljau einmal mehr deutlich. Getoppt mit etwas Birnenragout und versteckt unter einer transparent dünnen Hülle aus marinierten Birnenscheiben, die wiederum mit einem Hauch von krosser Pancetta und einigen Dillblüten gekrönt war, schwamm die festfleischig aufblätternde Tranche auf einer dynamischen Saucenallianz, die sich aus hellem, säuerlich-frischem Schaum von Verjus und dunklem, herzhaftem Specksud zusammensetzte.
Das in seiner Machart als handwerklich perfekt fabrizierte Crépinette herrlich traditionell dargebotene und dergestalt eigentlich vollkommen zeitlose Duett von Wachtel aus der renommierten Geflügelzucht von Jean Claude Miéral und Gänseleber kannten wir zwar schon von den letzten beiden Besuchen – allerdings in einem völlig anderen Kontext. Denn diesmal wurde die sündhafte Geflügelschnitte auf meisterlich dichter und zugleich elegant abgerundeter Sauce Albufera von geschmortem Chicorée, fermentierter Blutorange und etwas Liebstöckelcreme begleitet, was ihr einen ansprechend bitterheben Akzent gab.
Vom Joselito Ibérico Schwein gab es danach Schulter und Bauch, erstere rosa gebraten und mit knackigen Stängeln von wildem Brokkoki belegt und unterfüttert, letzterer schmelzig zart geschmort und auf der Schwarte rösch angekrosst, umgeben von knuspriger, cremiger und knackiger Topinamburknolle sowie Piemonteser Haselnuss auf mit Kirschholz aromatisierter Jus. Letztere hätte nach unserem Geschmack ebenso etwas mehr Ausdruckskraft haben dürfen wie die auch nur sehr zurückhaltend mit fermentiertem Langpfeffer gewürzte Sauce zu Rücken und Bries vom galicischen Kalb, die mit glacierten Morcheln und Powerade-Artischocken aufgefahren wurden und mehr vom intensiven Estragon-Aroma akzentuiert wurden, das insbesondere durch die cremige Nocke Artischockentatar auf dem saftig zarten Fleisch ins Geschehen eingebunden war.
Mit zwei sehr guten Desserts – zunächst einem mit Sauerampfer- und Rhabarbersorbet, Himbeeren, Creme, Brownie-Würfeln und Gel bestückten Savarin aus Rhabarbermousse auf einem Spiegel aus Himbeer-Vinaigrette, dann als dunklere, kraftvollere und würzige Variante in Gestalt einer Schokoladenkuchenschnitte von Original Beans‘ „Piura“ nebst marinierten Mispeln, Erdnuss, Szechuanpfeffer sowie rotem und grünem Shiso (als Sorbet und als Sud) – endete das Menü ebenso weltoffen und kreativ, wie es begonnen hatte. Und schon davor zeigte das Team mit einem Amalfizitronen-Cannelono aus Mousse und Gelee nebst grünem Apfel und Joghurteis als erfrischendes und leichtes Intermezzo, dass es auch die Pâtisserie souverän im Griff hat.
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