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Fotos: bianc

bianc

Am Sandtorkai 50
20457 Hamburg (Hafencity)
01520-4378861

aktualisiert: 07 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 230 €

Das großzügig angelegte, wohltuend puristisch und dennoch sehr atmosphärisch gestaltete Restaurant in einem äußerlich eher nüchtern anmutenden Gebäude in der Hafencity, mit seinem schönen hellen Steinfliesenboden und der dunklen Holzdecke, in dessen Mittelpunkt als Eycatcher ein Olivenbaum aus der Heimat von Küchenchef-Patron Matteo Ferrantino steht, ist einerseits ursprünglich und rustikal und andererseits höchst elegant. Und damit ist es eine perfekte Bühne für die hier gebotene Küche. Denn auch die ist bei aller Modernität, Elaboriertheit und Präzision herrlich ursprünglich und authentisch, transportiert und weckt Emotionen wie kaum eine andere Gourmetküche hierzulande.

Nichts auf Ferrantinos Tellern wirkt kühl konstruiert, nichts angestrengt zusammengebastelt, nichts bloß irgendwelchen Trends folgend. Die Gerichte erzählen allesamt Geschichten, etwa aus seiner Kindheit in Italien oder von seinen prägendsten Stationen wie der Vila Joya an der Algarve. Die Aromenbilder leuchten jedenfalls immer in warmen, mediterranen Farben, sind herzhaft, südländisch, leicht, aber kraftvoll zupackend. Das zeigt bereits jedes Mal aufs Schönste die Parade an kleinen Einstimmungen, mit denen der Tisch zu Beginn des Abends vollgestellt wird. Meist vom Chef höchstselbst und begleitet mit großem Hallo.

Viele der diesmal acht Kleinigkeiten, die hier immer einer gewissen Dramaturgie folgen, kannten wir bereits von den vorausgegangenen Besuchen. Sie reichten von leicht, frisch und säuerlich komponierten Dingen wie der flüssig gefüllten Praline aus Gazpacho von grünem Apfel oder einem Snack mit Gurke, Dill und Boquerones über würzig-pikanten Oktopus „Gallega“ mit Knusperboden oder Bacalhau-Creme mit Kichererbse im Knuspercornetto, bis zu frisch-säuerlich angemachtem Rindertatar mit schwarzem Knoblauch. Neu waren Chicken-Piri-Piri und die Entenleber mit Cassis und Feige – das Highlight aber wieder die „Gambastortilla“ genannte hauchdünne Knusperhippe, die herrlich fettig und frittig nach Meer und mehr schmeckt.

Jede Menge Fernweh nach dem Süden weckte auch diesmal wieder der separat aufgezogene Brotgang mit einem mit Lardo und Majoran aromatisierten Grissino, einer Scheibe köstlichster Focaccia nach dem Originalrezept von Mama Ferrantino mit Büffelbutter und Mortadellaflocken sowie zwei sehr modern interpretierte hocharomatische Oliven-Snacks: Crostini mit Oliventapenade und flüssige grüne Olive mit Wermut und Salzzitrone. Obwohl die meisten Sachen eigentlich sehr gegenständlich und unverkünstelt daherkommen – hier und da greifen der Chef und sein Team auch mal zu modernen Hilfsmitteln. So wie bei den roh marinierten Roten Garnelen, die mit ihrem herrlich rein, süßlich und jodig schmeckenden schmelzig-knackigen Fleisch zunächst unter einer eigentlich verzichtbaren, weil auch aromatisch äußerst flüchtigen grobporigen Zitronenschaumhaube versteckt waren. Sie korrespondierten wunderbar mit einer von Papaya fruchtig angeführten säuerlichen Gemüsevinaigrette und einer mit Basilikum duftig-würzig aromatisierten Avocadocreme.

Noch markanter und reichlich Assoziationen an Sonne und Meer weckend war die pochierte Auster nebst Austernwasserperle und einer maritimen, mit Bergamotte zitrisch herb aromatisierten Beurre blanc. Die brachten zusammen so viel Mineralität und Jodigkeit ins Schälchen, dass selbst die Tomatencreme unter der Auster wie Corail schmeckte. Schwer zu sagen, ob es den Caciocavallo, der dünn und fein über die Auster gehobelt und mutmaßlich auch Bestandteil der filigranen Hippe war, die hier als Gitter über dem Gericht lag, tatsächlich gebraucht hat – spielentscheidend empfanden wir ihn in diesem Falle nicht, er hat aber auch in keiner Weise gestört.

Beim qualitativ herausragend guten Drachenkopf, der in zart glasiger und sehr festfleischiger Form zusammen mit Passepierre in einer vom Traditionsgericht Souquet inspirierten Sauce schwamm, war jedenfalls rein gar nichts zu viel oder zu wenig. Der iberische Meereseintopf Suquet de peix, wie ihn ursprünglich die Fischer direkt auf den Kuttern mit allerhand Frischfang und Meerwasser gekocht haben, steckte hier in all seiner maritimen Kraft und Würze in einer eleganten roten Sauce. Und in einem zweiten Schälchen wurde das Ganze von raffiniert kross-zarter Artischocke mit Olivenölperlen auf Aiolicreme begleitet. Zusammen ein fantastisches, vollaromatisches Gericht, so klar und pur und doch so herzhaft pikant und komplex, wie es typisch für Matteo Ferrantinos Küche ist.

Schlichtweg großartig empfanden wir auch die mit herzhaft würzig geschmortem Lammfleisch gefüllten Ravioli, die zusammen mit Cremespinat, Rotweinschalotten und etwas Lammjus sehr süffig in Champagnerschaum badeten. Und die à part von einem mit Romanasalat und Anchovi belegten, von den Flammen geküssten Streifen Focaccia begleitet wurden. Auch hier ist es dem Bianc-Team wieder vortrefflich gelungen, Leichtigkeit und Eleganz mit einer gewissen zupackenden Rustikalität zu vereinen.

Ebenfalls sehr süffig, allerdings auf eine noch etwas cremigere und schmelzigere Art, war der Hauptgang, auf dessen Hauptteller dünne Tranchen von der Brust eines Miéral-Perlhuhns unter einem gelben „Spiegelei“ aus flüssigem Eidotter auf Maiscreme in einer intensiven, tiefen, sehr viel Umami transportierenden und doch sehr transparenten Geflügeljus badeten. Auch dieser schmeichlerische Hauptdarsteller wurde von einem (ebenfalls schmeichlerischen) Side-Dish eskortiert, auf dem in ähnlich süffiger Art ein kleines Medaillon von der Languste unter einer großen Nocke Störkaviar auf einem Bett aus sublimer Kartoffelcreme und mit Schnittlauch versetzter Champagner-Beurre-Blanc zu finden waren. Und obwohl beide Teller sehr dicht und weich daherkamen, wirkten sie erstaunlich differenziert und trennscharf. Nur hätten wir uns, rein der Ausdruckskraft und Wirkung wegen, etwas dickere Tranchen vom Perlhuhn gewünscht.

Beschwert und übersättigt wird ob der sehr schlanken und leichten Art der Küche sowieso niemand das Bianc verlassen. Auch nicht nach dem großartigen vollmundigen Dessert von verschiedenen elegant umgesetzten Spielarten der aromatisch reifen Azoren-Ananas, die mit Olive bzw. Olivenöl und Safran in einem ebenso saftigen wie cremigen mediterranen Umfeld präsentiert wurden. Selbst um sich für die originellen Petits fours zum Kaffee zu begeistern, muss man noch nicht mal ein ausgesprochener Nachtischfan sein. Die stimmungsvolle, zumindest deutschlandweit sehr eigenständige Küche, der atmosphärische Ort, der zuvorkommende Service, und nicht zuletzt die umfassende Weinauswahl, machen aus dem Bianc ein ganz besonderes Ganzes.

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