Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag |
Menüs: 115-185 € |
Es hat immer ein ganz eigenes und besonderes Flair, einen Abend bei unseren Gastgebern des Jahres von 2023 in ihrer kulinarischen Villa Kunterbunt auf dem Hamburger Berg im ländlichen Erfurter Stadtteil Bischleben zu verbringen. Vor allem im Sommer, wenn nicht nur Aperitif, zugehörige Snacks und die obligatorische Begrüßung samt kollektivem Anstoßen draußen im ebenso alternativ wie individuell anmutenden lauschigen Gastgarten stattfinden, sondern man den ganzen Abend an den Tischen rund um den großen Kastanienbaum verbringen kann. Aber auch drinnen findet sich zu jeder Zeit immer ein schönes Plätzchen in dem gemütlichen Patchwork-Ambiente, das ebenso gut zum Spirit der Bachstelze passt wie alles andere.
Die aus Funk und Fernsehen einem breiten Publikum bekannte Maria Groß schickt ihm Rahmen ihres Bachstelzen-Menüs allerhand kleine und größere Gerichte, deren Detailaufwand, Präzision und Niveau in jüngerer Vergangenheit wieder deutlich zugenommen hat und die mittlerweile klar im Fine-Dining-Bereich angesiedelt sind. Eigentlich hatte sich die Chefin vor längerer Zeit ja mal bewusst vom Gourmetzirkus verabschiedet und deutlich gegenständlicher und zupackender gekocht – weniger Gänge, größere Portionen, was durchaus auch seinen großen Reiz hatte. Aber irgendwann hat es sie dann wohl doch wieder gereizt, elaborierter zu kochen und mehr Firlefanz auf den Tellern zu veranstalten.
Wobei sich das mit den Sperenzchen trotzdem in Grenzen hält, wie schon ein kurz abgeflämmtes Stück von zuvor vermutlich mild gebeizter oder marinierter roter Forelle mit zitrisch säuerlich mariniertem Gemüsesalat und dezent pikanter Schaumsauce im Hollandaise-Stil sowie eine Spargelcremesuppe mit hauchdünner krosser Ornamentwaffel (mit Limettenschalenabrieb) verdeutlichten. Auch die weiteren kleinen Grüße, wie eine Zwiebelmousse mit Röstzwiebeltopping auf raffiniert lockerem Mürbteigboden, ein gebeizter Lachsforellen-Lolly, etwas Mousse von der Räucherforelle auf ebenfalls sehr feinem, zart sandigem Keksboden, ein Happen von Blutwurst und Himbeere oder ein gutes, sehr pur gehaltenes Rindertatar als Knuspertartelette waren eher schnörkellose, produktfokussierte Häppchen. Maria Groß veranstaltet hier keine Mickey-Mouse-Küche.
Warm, respektive heiß wurde es beim in Strudelteig gebackenen grünen Spargel mit einer Dipsauce (zwischen Joghurt und Mayonnaise) mit ebenfalls grünen Spargelstückchen sowie eingelegtem Rhabarber intus. Kalt dann wieder beim Salat von weißem Spargel mit Spargelmousse, Erdbeeren und rotem Pfeffer sowie einem grünfrischen Öl und kalt-warm schließlich bei der „Thüringer Brotzeit“: einer flach auf den Teller gestrichenen groben Leberwurstmasse, die mit Crème fraîche, Radieschen, Hirse, krossem Schinkenchip und Kapuzinerkresse appliziert war und mit einem kleinen frischgebackenen und eben noch dampfend warmen Brötchen gereicht wurde. Und es folgte in der etwas eigenwilligen Speisefolge eine weitere „Brotzeit“, diesmal mit sehr gutem Sauerteigbrot, confierten Cocktailtomaten und Bärlauchaufstrich…
Von den typischen Edelprodukten der Gourmetküche hat sich Maria Groß ohnehin schon länger verabschiedet und viele Gerichte kommen auch ganz ohne Fisch, Krustentier oder Fleisch aus. So wie ein weiterer vegetarischer Einschub rund um gegrillten Pfirsich mit frischen Erbsen und Erbsenschoten, Sauerrahm und Zwiebeln in einer markant dillwürzigen (eventuell auch etwas Minze?) rahmigen Sauce mit feinem Säurespiel und prononcierter Schärfe. Auch die leicht malzige Süße einer filigranen Ringhippe fügte sich da gut ins Geschmacksbild ein. Die Chefin hat definitiv ein gutes Händchen für Aromen und Produkte.
Grandios war schließlich der Hauptgang, weil es hier (auf einem dunklen Holzbrett serviert) nicht nur perfekt klassisch gebratenen, saftstrotzend aromatisch und mit zartem Biss begeisternden Rehrücken aus heimischer Jagd (geht nicht besser!) gab, sondern auch die köstliche Rehleber des Tieres mit Walnüssen. Als ganz gegenständliche Beilagen waren wilder Spargel, handverlesene Pfifferlinge, Kartoffelpüree mit moderatem Buttereinsatz und eine tiefschürfende Wildsauce mit von der Partie. Da blieb kein Wusch an solch ein traditionelles Wildbret offen.
Stark auch das Dessert, ein Dreierlei von Erdbeere beziehungsweise Himbeere, jeweils mit einem Element als Puffer: auf dem Hauptteller ein dezent mit Lavendel abgeschmecktes Grießflammeri, in einem der beiden Schälchen mit Vanilleeis und im dritten Schälchen mit einer Baiserhaube quasi als eine Art „Île flottante“. Alle drei erfreulich wenig süß. Und so bleibt uns abschließend neben Gastgeber Matthias Steubes sehr persönlich ausgesuchten Weinempfehlungen nur noch die individuellen, selbst hergestellten alkoholfreien Getränke zu loben, etwa eine Mischung aus Gravensteiner Apfel, Birne vom Vorjahr und Dampfdestillat von Brennnessel und Löwenzahn, oder ein Gurken-Kombucha mit Quitte.
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