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Fotos: Atlantic Restaurant

Atlantic Restaurant

im Grandhotel Atlantic Hamburg
An der Alster 72-79
20099 Hamburg (Neustadt)
040-2888860

aktualisiert: 12 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Hauptgerichte: 38-58 €,
Menüs: 105-179 €

„Was lange währt wird endlich gut“ könnte die Überschrift zum neuen Kapitel des Gourmetrestaurant Atlantic in der legendären gleichnamigen Hotel-Ikone an der Binnenalster heißen, die längst nicht nur wegen ihres prominenten Dauergastes Udo Lindenberg überregional bekannt ist. Denn bereits kurz vor Corona gab es hier einen Bruch und die zu diesem Zeitpunkt schon aufwendig und kostspielig renovierte Vorzeige-Gastronomie des Hauses blieb auch den beiden Lockdowns nicht zuletzt aufgrund von Fachkräftemangel viel länger geschlossen, als es ursprünglich geplant war. Doch jetzt wurden die sehr großzügigen, klassisch-gediegen gestalteten Räumlichkeiten wieder zu neuem Leben erweckt und bekamen zudem mit Alexander Mayer einen neuen, jungen, sehr ambitionierten Küchenchef, der das Zeug dazu hat, das Atlantic Restaurant wieder in den Kreis der besten zwanzig Adressen der Hansestadt zu kochen.

Das hat er schon bei unserem Antrittsbesuch bewiesen und das war auch gar nicht so überraschend für uns, denn wir hatten ihn zuletzt als Küchenchef im Gourmetrestaurant Wintergarten von Brenners Parkhotel in Baden-Baden schon in guter Form erlebt. Damals hatte Mayer, der seine Ausbildung in Jean-Claude Bourgueils legendärem Düsseldorfer Restaurant „Im Schiffchen“ absolviert und sich danach unter anderem mit Stages im Nagaya und im Aqua kulinarisch weitergebildet hat, noch mit klassischerem französischem Einschlag gekocht – im Atlantic darf nun sein Faible für die asiatischen Aromenwelten noch viel stärker durchschlagen. Der Gruß aus der Küche in Gestalt von beherzt umamiwürzig abgeschmecktem und mit einem Orangen-Ingwergel zugespitzten Sandmöhren-Tatar nebst Harissa-Mayonnaise und Korianderöl ließ auch schon mal durchblitzen, dass Alexander Mayer zudem im vegetarischen Bereich gut unterwegs ist. Und auch die tiefgründig dunkle, zudem mit etwas Miso-Öl verfeinerte Röstgemüsebouillon, in der hauchdünne knackige Scheiben Okraschote als Einlage schwammen, zeugte davon.

So gibt es neben dem Menü mit Fisch und Fleisch auch eine komplett vegetarische Speisefolge. Und für die treuen Stammgäste, die es eher noch traditioneller mögen und nicht auf die angestammten Klassiker verzichten wollen, gibt es weiterhin „Atlantic Hummersuppe“, Nordsee-Seezunge „Müllerin Art“ oder „Zürcher Geschnetzeltes“ in einer mit Filet, Bries und Zunge vom Kalb zubereiteten Form. Aus der Hand von Mayer, der das klassische Saucenhandwerk bravourös beherrscht, sicher auch jederzeit einen Versuch wert. Zumal hier nämlich wirklich auch großer Wert auf die Produktqualitäten gelegt wird, was bereits beim hervorragenden Brot mit ebenfalls herausragendem grasigem Olivenöl sehr deutlich wurde.

Dass Meyer aber auch für die moderne und vor allem weltläufige Klassik ein Händchen hat, zeigte er im Menü „Identité“ schon mit der Vorspeise um Aal, Apfel, Sauerteigbrot und Kimizu. Der geräucherte, gegrillte und lackierte Fisch im typischen Unagi-Stil war hier als kleine Tranche auf einem Brotchip an einem säuerlich zugespitztem Apfeltatar zugegen, sowie als dreilagige Mousse-Schichtschnitte mit Apfelgelee. Flankiert von einem viel zusätzliche Frische spendenden Sorbet vom grünen Apfel sowie Tupfen der Schmelz und milden Umami-Background verleihenden Kimizu-Eigelbcreme, war das ein ansprechender, lebhafter Start, an dem man den hohen Eigenanspruch der Küche ebenfalls sehr gut erkennen konnte.

Den erfreulichen Mut, unkonventionellere und entsprechend weniger populäre, bisweilen sogar heikle Produkte zu verwenden, offenbarte die nur sehr knapp gegarte Seeteufelleber, die in zarten Tranchen eine Consommé double vom Gockel interessant aufwerten konnte. Als weitere Ingredienzen löffelten wir aus den offenbar auch von der Kraft vieler Pilzen umamimäßig voll aufgeladenen dunklen, klaren Fluten ein mit Birne gefülltes Wan Tan Täschchen, süßliche Schalotte und Liebstöckelöl, die das Ganze facettenreich vervollständigten. Auch wenn es sich, genau wie auch beim ähnlich wie ein Risotto gekochten und mit Hijiki-Algen, Edamame und Pinienkernen angereicherten Koshihikari-Reis, in dessen Zentrum ein in Miso gebeiztes, perfekt wachsweiches Eigelb thronte, eher um ein ruhiges, würzig-rundes Geschmacksbild handelte.

Vielschichtiger, kontrastreicher und dynamischer präsentierte sich die locker dreifingerhohe und schon als schieres Produkt beeindruckende, mit ihren kross frittierten Schuppen beflockte und mit Limettenschalenabrieb herb akzentuierte Tranche vom Zander. Im wohlkalkulierten Zusammenspiel mit als Spinat und geröstete Stängel auf tiefer süßlich-würziger Sauce interpretiertem Gai-Lan, einer Art Chutney oder Kompott von grüner Mango und einer fantastischen Beurre blanc mit den Aromen einer Tom-Kha-Kai, bewegte sich dieser Gang sowohl qualitativ als auch kompositorisch schon eher in Richtung 8 Pfannen.

Gar nicht so weit davon entfernt, aber trotz seiner Vielgestaltigkeit wieder etwas eindimensionaler und dichter, sahen wir auch den Hauptgang, der sich um das ausdrucksstarke Fleisch vom Garimori Iberico-Schwein drehte. Auf dem Hauptteller das herrlich fettmarmorierte gegrillte Secreto, also das sogenannte „Versteckte Filet“, mit Schmelz und kernigem Biss, das mit fluffig-krosser Polenta nebst knackigem Zuckermais und Popcorn sowie einer fernöstlich inspirierten Barbecue-Jus aufgefahren wurde – die ebenfalls in der Karte annoncierte Zichorie fand als Bestandteil kleiner mousseartiger Bohnen aus „Caro-Landkaffee“ statt und war für dezente Bitternoten verantwortlich. Im Nebenschälchen fand sich der geschmorte Nacken und etwas gepuffter Bauch als „Blutwurst-Knusper“ neben schwarzen Bohnen und Mais-Espuma als Bestandteile einer süffigen und sehr wohlschmeckenden Interpretation des pikanten brasilianischen Traditionsgerichts Feijoada. Das ging dann schon klar in Richtung Soulfood.

Als originell und herrlich unverkünstelt empfanden wir auch das Dessert, das sich um einen mit weißer Schokolade ummantelten und markant mit Don Papa Rum aromatisierten Mousse-Savarin nebst Ingwer-Eis, marinierter Feige und Hibiskus-Coulis drehte. Harmonischer Wohlgeschmack mit Ecken und Kanten und vor allem nichts von der Stange. Der Abschluss eines Menüs, das in seinem Verlauf immer interessanter wurde und uns das Atlantic Restaurant mit viel Vorfreude auf den nächsten Besuch verlassen ließ. Aber nicht ohne auch die gute internationale Weinkarte zu erwähnen: für ein Haus wie das Atlantic Hotel, in dem man trotz hanseatischem Understatement eine protzigere, in jedem Fall aber extrem hochpreisige Auswahl erwarten würde, ist sie überraschend reell bestückt und fair kalkuliert.

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