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Fotos: Altes Rathaus by What the Food

Altes Rathaus by What the Food

Marktstr. 47
71364 Winnenden
07195-5899572

aktualisiert: 07 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di ab 17.30 Uhr, Mi-Sa von 11.30-15 Uhr u. ab 17.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Hauptgerichte: 21-38 €,
Menüs: 99-139 €

Seit das Gastronomenpaar Anne Henrichs und Patrick Schubert das Alte Rathaus in Winnenden übernahm und es vor über zwei Jahren aufwendig renovierte, konnten die beiden hier in kürzester Zeit eine gehobene Küche etablieren, die sich entschieden moderner und kreativer präsentiert, als es das Äußere des Lokals vermuten ließe. Davon konnten wir uns bereits beim Premierenbesuch im vergangenen Jahr überzeugen und auch in dieser Testsaison erlebten wir einen sehr kurzweiligen Abend.

Die maximale Zahl der Gänge im „Signature Menü“ wurde heuer zugunsten einer stärkeren Fokussierung auf sechs reduziert – alternativ dazu gibt es auch noch eine Auswahl an Gerichten à la carte. Erste Eindrücke wie etwa ein knuspriger Falafel mit Hummus, Gurke und Minze oder ein frisch gedämpftes Dim Sum mit sous-vide gegartem Spanferkel zeugten schon von guten Ideen in sicherer Umsetzung, doch den ersten Höhepunkt an Raffinesse erreichte die Küche mit einem Brickteig-Röllchen, gefüllt mit zweierlei Karotte, Mangold und Pak Choi. Der betriebene Aufwand in Form von feinen geschmacklichen Nuancen und verschiedenen Texturen machte sich schon im Präludium bemerkbar und zeugte von einer gewissen Ausgereiftheit der Küche.

Eine auf diesem Niveau eher selten zu beobachtende Risikobereitschaft erlebten wir nicht nur bei der Brotauswahl, deren Aufstrich aus einem mit Parmesan besprenkelten Ziegenfrischkäse mit Füllung von süßem Senf bestand, sondern auch beim bereits zuvor aufgetragenen Amuse: Auf einer dünnen und wenig süßen Schicht Erdbeermark platzierte das Team einen gebackenen, kreisrunden Ziegenkäse, der außen schön knusprig und innen erfreulich cremig war. Mit der Zugabe von geschmälzten Zwiebeln und frittiertem Rucola entstand daraus ein gewagtes, weil ziemlich massiges Gericht von scharfen Kontrasten, das aber sehr reizvoll ausfiel.

Eine gewisse Unwucht herrschte dagegen beim Auftakt, denn letztlich wetteiferten da zu viele und nach unserer Auffassung auch etwas beliebig zusammengestellte Komponenten um die Gunst der tadellosen gebratenen Jakobsmuschel im Mittelpunkt des Geschehens. Zwar war jede Begleitkomponente an sich fehlerfrei umgesetzt und schmackhaft, doch mit Kartoffelmousseline, Escabeche-Sud, einer gebackenen Spargelspitze und Mostaler Schinken war der Gang nach unserem Geschmack einfach etwas überfrachtet, zumal auch die Proportionen unausgewogen wirkten. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Die folgenden beiden Gänge sparten nicht mit überdurchschnittlichen Luxusprodukten, doch in beiden Fällen führten zu ähnliche und sich deshalb nicht voneinander absetzende Texturen zu einem etwas unvorteilhaften Ergebnis. So wirkte das bei Niedertemperatur mürbe gegarte bayrische Wagyu auf Profiteroles im Zusammenspiel mit Balfegó-Thunfischcreme trotz einer säuerlich-herben Vinaigrette zu kontrastarm. Und zu wenig Trennschärfe ließen leider auch den nächsten Gang etwas einförmig wirken, bei dem eine Crème brûlée von „ungestopfter Gänsestopfleber“ (sic!) mit Birnensorbet und einem Chutney von Birne, Chicorée, Chardonnay-Essig und Senfsaat etwas diffus ineinanderfloss. Ein krosser Texturgeber mehr als die paar gepufften Reisnudeln hätte da vielleicht schon etwas bewirkt…

Auf glattem 6-Pfannen-Niveau bewegte sich dagegen der Risotto mit Krustentierkarkassen-Schaum und gebeiztem Eigelb in geriebener Form. Ob das Reisgericht wirklich die volle Entourage von Edamame, Pesto, Garnele, Salzzitronen-Mayonnaise und Frühlingslauch als Juliennes und Brunoises gebraucht hätte, kann man zwar diskutieren – die harmonische Einbettung des glasigen Krustentiers und die feinen säuerlichen Spitzen, die das opulente Gericht spürbar auflockerten, waren jedoch unbestritten.

Das Lammkarree zum Hauptgang üppig mit Miso-Schalotten und Harissa-Jus zu ummanteln, fiel schwerlich zum Vorteil des Fleischs aus, das seine zweifellos vorhandenen Qualitäten dergestalt nicht ausspielen konnte. Gut gefiel uns dagegen eine begleitende Linsen-Frühlingsrolle und vor allem die Petersilienwurzel in Texturen, während die als Aromenakzent eingebaute Minze nach unserem Dafürhalten mit den anderen Komponenten etwas fremdelte.

Das Pré-Dessert begeisterte dann übermäßig, waren doch hier all die bereits zuvor angestrebten, aber nicht hundertprozentig aufs Porzellan gebrachten Tugenden in ihrer schönsten Form zu bewundern. Mit Hilfe eines falschen Apfels als Design entlockte die Küche gerade einmal zwei Komponenten vielfältige und große aromatische Kraft. So wirkten Schokolade als Mousse, Crumble und geeister Apfelstiel und Sauerkirsche als Kompott, Gel und Obstbrand wie eine dekonstruierte und verblüffend neu zusammengesetzte Schwarzwälder Kirschtorte. Großartig!

Das kreative Potential des Teams brach sich auch Bahn bei einer gebackenen Kugel von Oolong-Tee mit Passionsfruchtsorbet und Schwarzteegel. Stilistisch nahtlos fügte sich auch der Aufguss mit einem an Hongkong erinnernden „Milk Tea“ ein, der Leichtigkeit und Bekömmlichkeit gekonnt vereinte.

Für eine höhere Bewertung, die hier durchaus im Bereich des Möglichen erscheint, müsste vor allem bei der bisweilen noch etwas holprig wirkenden Zusammenstellung der Gerichte noch mehr Feintuning angelegt werden. Noch hakte es zu oft an etwas ungünstigen Proportionen, tendenziell überfrachteten Kompositionen oder am teils unausgereiften Zusammenspiel der Texturen. Dennoch verdeutlichten der Auftakt und insbesondere die süßen Sachen zweifellos das noch schlummernde Potential.

Doch schließlich steht man hier immer noch ziemlich am Anfang, weshalb die Entwicklung dieses ungewöhnlichen Lokals in den nächsten Jahren spannend zu beobachten sein wird. Auch die Weinkarte wurde seit der Eröffnung schon erkennbar weiterentwickelt.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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