Perrier_Superbanner

???

Fotos: ÖSCH NOIR

ÖSCH NOIR

im Hotel Der Öschberghof
Golfplatz 1
78166 Donaueschingen
0771-840

aktualisiert: 03 / 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-So ab 19 Uhr, Mo u. Di Ruhetag
Menüs: 180-225 €

Gastronomische Modeworte unterliegen erheblichen konjunkturellen Schwankungen. Während „molekular“ inzwischen auf Ramschniveau gehandelt wird, „LOHAS“ („Lifestyle of Health and Sustainability”) sich hierzulande nie wirklich durchsetzen konnte und „nachhaltig“ beeindruckend wertbeständig performt, entdeckten wir jüngst – ausgerechnet zwischen dem Ostrand des südlichen Schwarzwaldes und der Schwäbisch Alb – einen heißen Kandidaten für den nächsten Höhenflug: „Holistisch“. Gleich vier Mal auf fünf luftig bedruckten Seiten eines Artikels über das Flaggschiff-Restaurant des Hotels Öschberghofs tauchte der schillernde Begriff in der aktuellen Ausgabe des hauseigenen Magazins auf.

Wer dessen Küchenchef Manuel Ulrich gelegentlich begegnet ist, ahnt, dass der es mit einer gewissen Gelassenheit zur Kenntnis nehmen wird, von den Marketing-Fritzen seines Unternehmens nun der „holistischen Haute Cuisine“ zugerechnet zu werden. Zurückhaltend und freundlich im Auftreten gehört Ulrich keinesfalls zu den gastronomischen Lautsprechern im Land, er konzentriert sich auf sein Handwerk und die kulinarische Substanz seiner Gerichte. Und die ist, wie wir nach unserem jüngsten Besuch feststellen können, größer denn je und ihr Schöpfer auf schnurgeradem Weg in den gastronomischen Olymp.

Von souveräner Technik, enormer Eleganz und geschmacklicher Intensität begeisterten uns bereits die Miniaturen zum Aperitif: ein mürbes Sauerkraut-Tartelette mit knusprigem Spitzkohl und Traube, Rotkohlbaiser mit Entenleber, Pistazie, Cassis und Rotkohl sowie ein zartes Langustinen-Tatar mit Buttermilch, Dill und Imperial Kaviar, dem eine unterlegte Krustentiercrème auf der Basis von Kaisergranat-Karkassen geschmackliche Tiefe verlieh. Ebenfalls exemplarisch für Ulrichs Fähigkeit, Kraft und Finesse substantiell zu verbinden, war das Amuse-Bouche: Rohe Streifen vom Simmentaler Rind mit allerlei Pilz-Zubereitungen wie Champignoncreme, eingelegte Buchenpilze, Enoki und Champignons in einem mit Liebstöckel-Öl (ein Lieblingskraut des Küchenchefs) aromatisierten Sud von Räucheraal und Pilzen. Was leicht hätte zu einer banalen, breitwandig-platten Umami-Bombe hätte geraten können, faszinierte hier durch eine subtile Vielschichtigkeit und feine Säurefrische, die den wunderbar mineralischen Eigengeschmack des Fleisches hervorragend einfasste.

Souveränes Finetuning des Geschmacks auch beim folgenden in Traubenkernöl confierten Hummer: schulbuchmäßig süßlich-glasig-nussig verhalf dem hochfeinen Krustentierfleisch Sesam- und Karottencreme, ein Chutney aus Karotten und Ananas, etwas gepickelte Karotte, ein Gel von Verveine und Forellenkaviar zu einem perfekten Auftritt. Auch hier umschiffte Ulrich souverän die naheliegende Gefahr und der in ähnlichen Kontexten in aller Regel anzutreffenden Dessert-artigen Süße steuerten die verschiedenen Nebendarsteller eine eher feinherbe, frische, zitrische Note bei.

Der einzige Wackler in unserem jüngsten Menü kam anschließend in Form einer handgetauchten norwegischen Jakobsmuschel. Die hatte zwar der aktuell enorm angesagte Roderick Sloan geliefert (was die Küche in eleganter Zurückhaltung erst auf Nachfrage erwähnte), jedoch ihren idealen Garpunkt einen Hauch überschritten und folglich einen etwas fasrigen Charakter angenommen. Von zwar hervorragendem Geschmack, hatte sie es zudem leider ein wenig schwer, gegen die gesammelte Übermacht ihrer – für sich genommen natürlich jeweils hinreißenden – Begleiter anzukommen: gebratene Entenleber, Kürbiscreme, gepickelter Butternutkürbis, ein Chutney von Kürbis und Apfel, eine enorm dichte Geflügeljus mit einigen Tupfen eines Albufeiraschaums sowie ein Entenconfit. Im Ergebnis ein schöner Mischgeschmack, aber eben doch ein Unterschied zu den differenzierten Tellern zuvor.

Und danach! Fabelhaft nämlich eine glasig-blättrig gedämpfte Tranche vom Island-Kabeljau in einem duftig-jodig-seidigen Seeigelschaum, dem Yuzu als abgeflämmte Glasur, Gel und Schaum gemeinsam mit süßsauer glasierter Gurke ein wunderbares Säurespiel verliehen. Nicht weniger komplex dann die hauchzarte Interpretation eines cremigen Milchkalbsbries, umspielt von der feinen Süße eines Miso-Schaums, geerdet durch aromatische  schwarze Trüffel, punktgenau akzentuiert durch die elegante Säure und feine Herbe einiger Frisée-Spitzen – die seidige Zartheit der Innerei perfekt kontrastiert durch nur sekundenkurz sautierten Wirsing.

Nach einem, inzwischen schon klassischen, Intermezzo eines „falschen Eis“ zu Erfrischung (Kokos/Eiweiß-Schaum mit einem „Dotter“ von Quitte und Kurkuma) hätten wir uns im Hauptgang den gebratenen Rehrücken vielleicht einen kleinen Tick fester gewünscht – keinesfalls aber irgendeine wie auch immer geartete Veränderung beim Geschmack: von hinreißendem Aroma, eingefasst von einer großartig dichten, fein-röstigen Kardamomjus, gehoben durch eine duftige Mandarinenhollandaise von erneut perfekter Süße-Säure-Balance. Dazu eine samtige Praline von der geschmorten Rehschulter und allerlei geröstete Blumenkohl-Texturen.

Beim schönen Spiel komplexer aromatischer Verläufe machte schließlich auch die Pâtisserie mit, der mit einer Zwetschgen-Variation (Mousse, Sorbet, Gel, Sud, eingelegte Zwetschgen), begleitet von einer fabelhaft süffigen Briocheespuma, Haselnussbiskuit und Eis aus Dulce de Leche ein wunderbar klassisches Dessert in moderner Anmutung gelang. Begleitet von einem 2011er Château d'Yquem durch Michael Häni und Niklas in 't Veld, denen wir freie Hand bei der Auswahl aus den Menübegleitungen „Altes Handwerk“, „Grand Cru“ und „alkoholfrei“ ließen – was wir zur Nachahmung nur empfehlen können.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



Das GUSTO-Lexikon der Köche

Hier finden Sie einen Großteil der Küchenchefs, deren Restaurants im GUSTO-Führer empfohlen werden. Das Lexikon wird ständig ergänzt.

Das GUSTO-Ranking der besten Restaurants

Hier finden Sie eine tagesaktuelle Übersicht aller im GUSTO-Führer empfohlenen Restaurants - sortiert nach ihrer derzeitigen Bewertung.