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Fotos: Zur Weinsteige

Zur Weinsteige

im Hotel Zur Weinsteige
Hohenheimer Str. 30
70184 Stuttgart
0711-2367000

aktualisiert: 04 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 65-150 €

Vor der Tür rauscht auf Fahrbahnen und Schienen der Stadtverkehr vorbei. Nach hinten raus aber bietet das in dritter Generation betriebene Traditionshaus zwischen Natursteinwänden einen lauschigen Rebgarten. Und auch im Innenbereich mit seinen rustikaleren Holz- und edlen Battgoldelementen sitzt man klassisch gut. Das Wichtigste aber: Jörg Scherle in der Küche und sein Bruder Andreas Scherle im Service haben seit der Konzeptumstellung – weg von à la carte und volle Fokussierung auf Menüs – das Niveau noch ein Stück weiter nach oben geschraubt.

An Vielfalt im kulinarischen Programm mangelt es dennoch nicht, gibt es doch weiterhin drei Menüs, darunter ein vegetarisches und ein „kleines“ mit dem unverzichtbaren dry-aged Rostbraten. Referenz fürs Topniveau aber ist das Menü „Zur Weinsteige“ in bis zu sechs Gängen. Und um es gleich vorneweg zu sagen: Sehr gut essen kann man hier schon seit vielen Jahren, aber so gut wie zuletzt haben wir Jörg Scherles Kulinarium bislang noch nicht erlebt.

Schon zum Auftakt bei den Apero-Snacks war sicht- und schmeckbar, wie filigran hier mittlerweile ans Werk gegangen wird: mit einem kunstvoll getürmten Macaron mit Oxalis-Klee, Gurke und geräuchertem Schmand sowie einem Quader Krustentiermousse mit mariniertem Blumenkohl und Tempura. In einem Schälchen folgte als Amuse-Bouche ein Chawanmushi mit obenauf Yuzuschaum und mittendrin (auf einen Champignon gesetzt) ein Tatar von geräucherter Forelle. Optisch war das zwar naturgemäß nicht ganz so beeindruckend, dafür aber umso mehr, wie gut hier die rauchige Würze und die zitrische Frische auf kleinstem Raum harmonierten.

Fürs Bilderbuch war dann aber der erste offizielle Menügang angerichtet. Ein schmelzig zart im Mund zergehendes, mit Sesam „paniert“ Filet vom Hamachi sowie (unter einem Sesamcracker) ein Tatar desselben Fischs, beides so sanft gewürzt, dass dessen pure Produktqualität klar erkennbar blieb. In einem Kreis aus Gel und Sesam, der auch in dieser dritten Ausführung nicht redundant wirkte, sondern nur kleine knusprige Kicks dazu gab, war ein Buttermilch-Dashisud mit Dill angegossen. Schwarzwald-Miso sorgte für Power, Gurkenröllchen und Blütengebilde aus Granatapfelgel gaben noch mehr Frische und etwas Süße dazu und als Überraschungsmoment erwies sich eine Limettenkugel auf dem Seasamcracker. In Summe ein ungemein leichtes und frisches Gericht, das in seiner ausgereiften Art mindestens auf Acht-Pfannen-Niveau lag.

Der Koshihikari-Reis mit Wasabi-Rotkohl-Gelee hat inzwischen Karriere als Signature Dish gemacht und wurde auch schon von uns gelobt. So sind wir an dieser Stelle ausnahmsweise ins vegetarische Menü gesprungen und bekamen es mit einem in präziser Geometrie neu interpretierten Waldorfsalat zu tun. Auf einem Halbkreis aus Selleriepüree mit hineingestanzten Ringen lag eine Stange marinierter Sellerie, darauf Gel und ausgestochene Stücke vom grünen Apfel auf Schmand. Scheiben von Takuan-Rettich sowie schwarze Walnuss (stückig und als Tapenade) setzten kleine Akzente in würzig, nussig, süß, ohne die Frische auf dem Teller zu unterwandern. Einen warm geerdeten Umami-Kontrapunkt gab es à part durch eine mit Kräuterseitlingen gefüllte Gyoza-Tasche.

Zurück im eigentlichen Menü ging es weiter mit Kabeljau, der vielleicht einen Tick zu lange gegart war, aber durch zwei gegensätzliche Toppings – Kalamansigel und Liebstöckelstaub – raffiniert getunt wurde, ohne in seinem Schaumbad geschmacklich unterzugehen. Hier war fruchtig-exotisch marinierter Sellerie in feine Streifen geschnitten und zu einer Nocke gerollt. Und erneut wurde mit einem Extrateller ein starker und herzhafter Gegenpart zu den graduierten Momenten von Würze und Frische gesetzt – diesmal mit Oktopus in Tokoyaki-Teig.

Nach diesen deutlichen japanischen Bezügen – als Koi-Züchter ist Jörg Scherle immer wieder im Land der aufgehenden Sonne unterwegs – ging es mit dem Fleischgang mehr in den Vorderen Orient. Ein Flat Iron Steak vom US-Prime-Beef, saftig rot gebraten und mit kerniger Struktur, wurde begleitet von einer dunkel-dichten Jus, die mit Ducca gewürzt war. Geschmorte Aubergine mit Gemüseminiaturen, ein Zylinder Kartoffel-Milles-Feuilles sowie Kräuterseitlinge ergänzten sich begleitend zu einem dichteren, aber nicht zu schweren Geschmacksbild, das durch Tupfen einer Sanddornmousse mit sehr präsenter Säure aufgelockert wurde.

Zum Abschluss hatten wir uns nicht für die Kreation rund um Ananas und Kokos, sondern für die Terrine von Rohmilchkäse entschieden. Eine gute Wahl, wie sich herausstellte, denn zuvor gab es ohnehin noch ein süßes Pré-Dessert mit einer mit Thymian und Rosmarin aromatisierten Ganache und Salzkaramellkern, garniert mit Wasabi-Erdnuss und umzingelt von einem Hibiskusgel. Aber auch das Käsedessert rund um eine grün-weiße Terrine aus Ziegenfrischkäse hatte nicht nur würzige Noten zu bieten, sondern mit Himbeere und Feigenchutney on top sowie mit einer Kiwimarmelade à part auch fruchtige. Focacciachips lieferten zudem etwas Crunch und ein Sauerampfersorbet setzte ein herbes, aber superbes Ausrufezeichen.

Weil Andreas Scherle mit über 1500 Positionen und einer sagenhaften Riesling-Auswahl einen der besten Weinkeller weit und breit pflegt, versteht es ich von selbst, dass seine Begleitung zum Menü gut sortiert und abgestimmt ist – gereifte Raritäten inklusive! Aber schon allein die Küche hat uns diesmal mit ihrer höchst akkuraten Arbeit sowohl in Optik als auch Geschmack so sehr beeindruckt, dass eine Aufwertung hoch verdient ist. Die 8 Pfannen waren überraschenderweise schon diesmal zum Greifen nah…

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