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Fotos: L.A. Jordan & Kirchgasser Photography

L.A. Jordan

im Hotel Ketschauer Hof
Ketschauerhofstr. 1
67146 Deidesheim
06326-70000

aktualisiert: 01 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 135-245 €

Markanten Purismus attestierten wir unserem Koch des Jahres 2023 nicht nur in der letzten Ausgabe unseres Guides. Seit Jahren verfolgen wir die Entwicklung von Daniel Schimkowitsch nun schon, am Anfang noch im Münchner Tramin, seit einigen Jahren am Herd des L.A. Jordan im prestigeträchtigen Pfälzer Weinbauort Deidesheim. Mit den Jahren entwickelte sich Schimkowitschs Küche immer weiter und erreichte mit ihrer klaren, transparenten und charakterstarken Ausprägung in der jüngsten Zeit ihren Höhepunkt.

Daran anknüpfend überzeugten bei unserem letzten Testbesuch bereits die Apéro-Snacks. Neben einer wunderbar schlotzigen mit Entenkeule gefüllten Croqueta verdeutlichte vor allem ein kleiner handlicher Garnelen-Shiso-Taco den Stil des Hauses: Luxus und „lecker“ schließen sich nicht aus. Denn obwohl, wir uns ohne Probleme an Schimkowitschs Taco-Handwerk sattessen könnten, wirkt dieser kleine Happen faszinierend komplex, spielt mit Hitze, Schärfe, Kühle und setzt mit halbroher bissfester Garnele ein perfekt kuratiertes Luxusprodukt in Szene.

Die stilechteste Aperitif-Variante war dazu ausgerechnet ein vorzüglich gereifter 2015er Riesling-Sekt vom Weingut von Buhl, das zur selben Unternehmensgruppe gehört wie das Restaurant. Nicht verwunderlich ist, dass die Weinkarte vor allem pfälzisch spricht und neben Von Buhl auch zahlreiche Positionen mit Bassermann-Jordan und Von Winning füllt – den weiteren Gütern der Gruppe. Vor allem die Riesling-Tiefe ist mit Weinen bis zurück ins 19. Jahrhundert beeindruckend.

Der von Sommelier Stephan Nietzsche empfohlene 2014er Pechstein von Bassermann-Jordan passt mir seiner kühlen Steinfrucht perfekt zu den ersten Gängen, in denen Schimkowitsch regelmäßig mit exotischer Würze spielt. Dass die Küche hier niemals ins plakativ „asiatisch“ Umami-Süß-Saure abdriftet, hebt das L.A. Jordan deutlich von den mittlerweile unzähligen anderen franco-asiatisch kochenden Restaurants ab. Bestes Beispiel: das Amuse-Gueule mit rohem abgeflämmtem Balfegó-Tunfisch, Ponzu und Stachys, einer roh essbaren kartoffelähnlichen Knolle, das ohne aufdringliche Säurespitzen auskommt und stattdessen den Hauptdarsteller perfekt strahlen lässt.

Dieser Telleraufbau – starkes Hauptprodukt plus aromenintensive aber wohldosierte Condiments – ist typisch für Schimkowitsch und zieht sich seit Jahren durch fast alle Gänge. Eindrucksvoll auf den Punkt gebracht wurde das auch bei diesem Besuch wieder durch ein Arrangement aus wachsigem Eigelb und großzügiger Kaviarnocke, das mit einem zarten Klecks Blumenkohlpüree und der Würzsauce Colatura di Alici umspielt wurde. Die Sauce, die als Resteverwertung der süditalienischen Sardellenproduktion entstanden ist und wörtlich übersetzt „abgetropfte Sardelle“ heißt, setzte hier genau die richtigen Akzente, um aus der gewohnten Kombination aus Fisch- und Hühnerei eine spannungsgeladene Kreation mit Signature-Dish-Potential zu machen.

Ähnlich konzipiert war ein Zwischengang mit Kaisergranat, schaumigem Jus aus den Köpfen und einem „koreanischen“ Sud mit Ingwer und Senfsaat, der eine herrlich dichte Aromatik aus Schärfe und Umami beisteuerte, ohne den phänomenal bissfesten, fleischigen Kaisergranat zu überlagern. Man sollte sich angewöhnen, zu solchen Prachtexemplaren ein Steakmesser einzudecken. Auch hier macht der Sommelier eine gute Figur, indem er einen Albariño vom galizischen Weingut Attis einschenkt, der eine ähnlich dichte, voluminöse aber kein bisschen vordergründig aromatische Prägung mitbrachte wie das Gericht.

Ein wenig anders konzipiert, aber ähnlich genial, präsentierte sich ein Gang mit Steinbutt, Petersilie, Stabmuscheln, Pinienkernen, Rosinen und Sauternes. Zwar haben wir es auch hier mit zwei Meerestieren in Perfektion zu tun, das tragende Element machen wir aber in der Kombination aus Jodigkeit, in Sauternes marinierten Rosinen und einer geraumen Menge gerösteter Pinienkerne aus, die hier als heimliche Luxuszutat eine wunderbar präsente komplexe Röstigkeit auf den Teller brachte. Mit Gerichten wie diesem beweist Daniel Schimkowitsch einmal mehr, dass er zu viel mehr in der Lage ist, als mit teuren Produkten um sich zu werfen.

Nur einmal fremdelten wir beim letzten Besuch ein klein wenig mit einem Gang. Denn zwar konnte die norwegische Jakobsmuschel mit Wagyu-Zunge, Brunnenkresse, Topinambur und weißer Trüffel erneut mit fulminanter Produktgüte punkten, jedoch stand der für uns deutlich zu süßlich abgeschmeckte Fond der vollen Entfaltung der Aromen etwas im Weg.

Großes Kopf- und Küchenkino bot dann aber wieder der Hauptgang. Beziehungsweise die Hauptgänge, denn das L.A. Jordan servierte Taube in zwei Aufzügen. Während Hauptgang Nummer eins mit saftiger Brust, süß-säuerlicher roter Zwiebel, Radicchio Tardivo und oxidativem Vin Jaune mehr oder weniger klassische Perfektion bot, brach Hauptgang Nummer zwei mit den meisten Regeln der klassischen Haute Cuisine. Erstens stand die Taube gar nicht auf der Karte, sondern nur das thailändische Pfefferblatt „La Lot“, in das Teile der Keule und Innereien der Taube eingearbeitet waren. Und zweitens traute sich Daniel Schimkowitsch die mutige Kombination von Fischsauce und Geflügelinnereien zu. Auch wenn der Service die genaue Zusammensetzung der „Mu Shi-Sauce“ nicht ganz erläutern mochte, erinnerte uns der Geschmack im positiven Sinn an den Duft strenger Fisch- und Austernsaucen, die man in Asialäden kaufen kann. Die Frage, ob Daniel Schimkowitsch – wie einige seiner Kollegen und zum Beispiel Tim Raue ganz offen und ehrlich – nun punktuell mit fertigen Würzsaucen arbeitet, blieb letztlich unbeantwortet. Offensichtlich ist aber ganz unabhängig davon das großartige einprägende Niveau dieser Pfefferblatt-Tauben-Roulade. Ein Hauptgang zum Abspeichern im kulinarischen Langzeitgedächtnis.

Der Pâtisserie gelang zum Abschluss ein eindrucksvoller Spagat. Zwar hat man sich von den Zucker-Orgien der klassischen Haute Cuisine längst losgesagt, spielt mit Bittertönen und Getreidenoten, lässt die Finger aber von zu verkopften herben Gemüsedesserts. Dementsprechend klar als Süßspeise zu identifizieren war ein Dessert mir wachsig gegarter Quitte, Mandelmilch, Zitrone und sogenanntem Fujisanbread, einer Art Brioche Feuilletée. Noch eine Spur besser gefiel uns aber das zweite Dessert aus Toffee, Trüffel, Kumquat und Whiskey, das vor allem aus einem wunderbar speckigen Küchlein besteht, das als napfiges Gericht dargeboten und von bittersüßen Kumquats, frischespenden Basilikum-Sorbetkugeln und einem nussig-getreidigen Keks begleitet wurde. Ob sich hinter dem Trüffel ein Schokotrüffel oder eine Tuber-Sorte versteckt, ließen Service und Karte offen. Beides schmeckten wir zwar nicht wirklich heraus, vermissten aber auch nichts in diesem herrlich malzig-getreidig-süßen Potpourri. So spannungsgeladen können süße Desserts sein!

Daniel Schimkowitsch knüpft nahtlos an die Leistung der vergangenen Jahre an und beweist mit Charakterstärke, Klarheit und Präzision, dass er sich mindestens im erweiterten Kreis der großen Köche Deutschlands etabliert hat – was wir mit der verdienten Erhöhung auf 9 Pfannen mit Bonuspfeil auch in der Bewertung ausdrücken möchten.

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