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Fotos: SKYKITCHEN

SKYKITCHEN

Vienna House Andel's Berlin
Landsberger Allee 106
10369 Berlin (Lichtenberg)
030-4530532620

aktualisiert: 06 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 149-227 €

Nach rund einer Dekade personeller Kontinuität und einem in diesen zehn Jahren sukzessive gesteigerten Niveau der Küchenleistung mit Alexander Koppe hat die Skykitchen im zwölften Stock des Vienna House Andel's Berlin seit dem Frühjahr 2023 einen neuen Küchenchef. Und obwohl Sascha Kurgan, der neue Mann am Herd, in dieser ebenso stylischen wie wohnlichen Location mit imposantem Ausblick über die Stadt, die nach wie vor charmant und kompetent von Restaurantleiterin Barbara Merll geleitet wird, zuvor auch schon eine Zeitlang unter Koppe als Souschef gearbeitet hatte, ist es aus kulinarischer Sicht ein richtiger Neuanfang – mit allen Tücken, aber auch mit allen Chancen für den noch jungen neuen Küchenchef, der nun das erste Mal in eigenverantwortlicher Position tätig ist.

Dass unsere Einstiegsbewertung für die Skykitchen in der ersten Testsaison unter der Ägide von Sascha Kurgan im Vergleich zu den zuletzt federführend von seinem Vorgänger erkochten 8 Pfannen mit Bonuspfeil etwas niedriger ausfällt, ist also keinesfalls als Rückschritt zu sehen, sondern vielmehr als Neuanfang. Denn der aus der Kaderschmiede von Joachim Wissler an die Landsberger Allee zurückgekehrte Cuisinier, der den Vendôme-Chef auch als sein großes Vorbild nennt, kocht im Grunde ganz anders als sein Vorgänger. Obwohl auch dieser zuletzt schon wieder deutlich vom Regionalthema abgerückt war, wirkt die Küche nun noch internationaler und die Gerichte sind auch ganz anders konzipiert. Nicht selten lässt sich übrigens auch an bestimmten Details und Stilmitteln die Wissler-Schule erkennen.

Die kleinen Grüße im Fingerfood-Format wie eine etwas mampfige gebackene Kalbskopfpraline mit Senfcreme oder ein rustikal zwiebelig abgeschmecktes Saiblingstatar mit Saiblingskaviar in einem eher pappigen als knusprigen Teigschälchen zeigten in ihrer etwas eindimensionalen und texturell nicht ganz ausgereiften Art aber noch nicht das tatsächliche hohe Niveau, das die Küche zweifelsohne bietet. Schon viel mehr zeigte das die Vorspeise, in deren Mittelpunkt mit der fermentierten Reispaste Sangohachi gebeizter Rücken und mit einer sojawürzigen Misocreme lasierter Bauch von der Bernsteinmakrele standen, die im erfreulich transparent gehaltenen Umfeld aus Topinamburcreme, winziger gegrillter Frühkartoffel, Gel von gegrillten Tomaten, Senfsaat sowie Passepierre und untermalt von einem klaren Gazpachosud präsentiert wurden. Ein sehr lebhaftes und markantes, aber nicht plakatives Geschmacksbild, bei dem alles harmonisch zusammenspielte, ohne dass jedoch ein deutlicher roter Faden erkennbar war.

Im Grunde aber ist das, was zählt, genau das, was unterm Strich dabei rauskommt. Und das war auch beim perfekt homogen cremig gegarten Onsensei, das sich den tiefen Teller mit Blumenkohl als Couscous und als kleiner Flan mit Apfelgelee-Deckel sowie Jamón-Ibérico-Schinken als Schaumsauce teilte, sehr stimmig und rund. So richtig interessant wurde es allerdings erst durch die ebenfalls aus dem spanischen Schinken hergestellten Cremetupfen auf der Tellerfahne, die mit verschiedenen markanten Wildkräutern wie Giersch oder Gundermann akzentuiert waren. Und durch das aus all diesen Kräutern hergestellte Öl, welches das Ei und den Flan ätherisch umspielte. Dies war auch der in unseren Augen ausgereifteste und beste Gang, was durch das kongeniale alkoholfreie Begleitgetränk aus der Feder der ebenfalls neuen Sommelière Sharin Polte, die jüngst Jakub Kościelniak abgelöst hat, noch unterstrichen wurde: auf Basis von Minztee mit Holunderblütensirup und Estragon ein ebenfalls vibrierend ätherischer, leichter Drink, der optimal an den Leitaromen auf dem Teller anknüpften könnte.

Überhaupt gelingt es ihr hervorragend, unaufdringliche und doch charakterstarke nullprozentige Getränke zu kreieren, die sich niemals dem zu begleitenden Gang aufdrängen, sondern sich elegant unterordnen. So wie der alkoholfrei nachgebastelte Wermut zur hervorragenden gebratenen norwegischen Jakobsmuschel, die mit Kaviar, gehobeltem Meerrettich (sehr mild!) und Meerfenchel getoppt neben ihrem pochierten Corail, einem Blattpetersilienpüree und Salzzitronengel auf mit Chorizoöl aromatisierter Fenchelsauce angerichtet war. Ein ziemlich kontrastives Miteinander, das aber wieder erstaunlich harmonisch zusammenfand.

Qualitativ sehr gutes Perlhuhn mit festem, aromatischem Fleisch und perfekt kross und dünn ausgebratener Haut kam im Anschluss zusammen mit angeröstetem weißem Spargel, einem Spargelragout in klarem, leicht gebundenem Spargelsud mit Kapern, frischen sautierten Morcheln und einer cremigen Morchelsphäre, als saisonal limitierte Spezialität daher, die diesmal einem gänzlich klassischen Akkord folgte. Nur die für sich genommen zwar sehr gute, kraftvoll reduzierte Jus mit fast schon karamelliger, sehr gut eingebundener Süße in perfekter Balance mit der Würze, war für das Geflügel etwas zu intensiv und dicht. Da hätte man sich an dieser Stelle mehr Eleganz und Transparenz gewünscht.

Dass die sehr ähnliche oder sogar gleiche Sauce auch für das wunderbare Salzwiesenlamm, welches im Anschluss als naturell gebratener Rücken und als aromatisch geschmortes Schulterstück den Hauptgang markierte, etwas too much war, liegt auf der Hand. Zumal dessen begleitendes Gemüse in Gestalt von Artischocke, Artischockencreme, Edamame und Buchenpilzen auch eher natürlich und ohne Röstaromen oder sonstige kraftvolle Aromen aufs Porzellan geschickt wurden. So blieb die Jus der mit Abstand intensivste Part auf dem Teller und aufgrund ihrer Viskosität selbst bei vorsichtiger Dosierung eigentlich zu dicht und dominant. Sehr gut zurecht kam mit der Sauce allerdings der hervorragende alkoholfreie Begleiter im Glas, der mit Morellenkirsche, Paprika und Cheyenne-Pfeffer einem würzigen, tanninstraffen Rotwein nachempfunden war.

Prinzipiell sehr interessant, aber aromatisch nicht ganz ausgereift wirkte auf uns auch das Dessert um ein recht sahnig-mildes Miteinander aus sehr viel schockgefrostetem Schaum von weißer Schokolade, Rahm und Ziegenmilch-Frischkäse, Reis-Eis und Jasminteesud, dem veränderte Proportionierungen und ein paar markantere Nadelstiche als geschmacklicher Kontrast gutgetan hätten. Aber auch hier war das große Potenzial der Küche nochmal deutlich zu sehen. Und wir sind uns sehr sicher, dass Sascha Kurgan das schon in der kommenden Saison noch besser wird ausschöpfen können.

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