Perrier_Superbanner

???

Fotos: Alte Liebe

Alte Liebe

Alpenstr. 21
86159 Augsburg
0821-65057850

aktualisiert: 04 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag
Hauptgerichte: 28-34 €,
Menüs: 150 €

Schön mitzuerleben, wie sich ein Koch beziehungsweise ein Restaurant mit den Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und wandelt, die Küche immer besser, origineller und ausgefeilter wird und auch der Eigenanspruch stetig steigt, ohne dass es angestrengt und aufgesetzt wirkt. Die Alte Liebe von Benjamin Mitschele ist heute im Grunde immer noch die lässige Kneipe für Feinschmecker, die sie einst schon am alten Standort war – nur ist mittlerweile eben das Gesamtniveau in allen Belangen deutlich höher.

Das beginnt beim Ambiente, reicht über die Anwesenheit eines hervorragenden und sehr sympathischen Weinfachmanns – unserem letztjährigen Sommelier des Jahres Peter Karl – und endet noch lange nicht auf den Tellern. Denn auch im Hintergrund hat sich eine Menge getan und so baut die Alte Liebe mittlerweile nahezu sämtliches Gemüse selbst an, wofür Benjamin Mitscheles Frau Ines hauptverantwortlich zeichnet. Und ganz egal ob aus Eigenanbau oder qualitätsbewusst zugekauft: Das Produkt ist bei aller Kreativität auch der Star sämtlicher Kreationen des abendlichen Menüs.

Das merkt man bereits vom ersten Küchengruß an, bei unserem letzten Besuch eine tiefschürfende, mit Wacholder und Fichtensprosse aromatisierte Wildconsommé zum Trinken, direkt verfolgt von drei Petitessen im Fingerfood-Format, die nicht nur große Lust auf mehr machten, sondern auch schon gleich viel Aufschluss darüber gaben, wie die Küche tickt und was sie draufhat. Nämlich eine ganze Menge, wie deren handwerkliche und aromatische Präzision zeigten. Heimische Produkte gaben hier den Ton an, besonders gut blieben die geräucherte Maronenmousse im fragilen Knusperkörbchen und eine kleine saftig-krosse Toastschnitte mit Rindertatar und roh gehobeltem Champignon in Erinnerung.

Dicke, fleischige Würfel von einem Huchen aus der Aufzucht Kinsauer Mühle kamen zum offiziellen ersten Gang des Menüs mit halbierten enthäuteten Weintrauben und marinierten Rettichscheiben in einer Verjus-Vinaigrette zusammen. Letztere brachte so viel erfrischende Säure mit sich, dass die Süße der Trauben und die der für sich genommen ebenfalls recht süßlichen hauchdünnen runden Platte aus Eis von (bayrischem) Ingwer, die auf einem ebenso dünnen Buchweizencracker on top lag, perfekt ausbalanciert wurde. In Zusammenspiel mit der ätherischen Schärfe des Ingwers entstand so ein spannend dynamisches und im besten Sinne plakatives Geschmacksbild. Und das wurde vom dem dazu empfohlenen 2020er Planetes Blanc vom Weingut Nin-Ortiz perfekt kontrastiert, indem er dem Gericht nicht einfach noch einen obendrauf setzte, sondern mit seiner Salzigkeit, Würze und Mineralität optimal von unten heraus unterstützte.

Ein großartiger produktbezogener Gang mit gut eingebundener oder vielmehr entgegengesteuerter Süße war auch der vom Bayrischen Wagyu-Rind mit Lauch und schwarzer Trüffel. Das Fleisch als sekundenkurz über Binchotan-Kohle angegrilltes aber im Grunde rohes „Tatar“, was ihm eine spannende markante Rauchigkeit verlieh, aber noch das Animalische, den rohen, fleischigen Biss ließ. In Verbindung mit den sautierten Lauchjuliennes und schwarzer Trüffel eigentlich eine sehr klassische Angelegenheit, durch den mit Sherry und Sherryessig abgeschmeckten Brathähnchenfond, dessen Süße perfekt mit den Raucharomen korrespondierte, war das allerdings wiederum alles andere als gediegen.

Es ist hier generell so, dass die Gerichte kompositorisch nicht durch übermäßige Kreativität in Form von noch nie dagewesener Produkt- und Geschmackskombinationen auffallen. Aber deren sehr präzise und markante Umsetzung mit perfekt in Szene gesetzten Viktualien und sehr trennscharfen Aromen bewirkt, dass jeder Gang viel aufregender schmeckt, als man es vielleicht zunächst vermuten würde. So auch die optimal confierte Goldforelle von der Fischzucht Birnbaum, butterzart und glasig, aber eben trotzdem noch fest und blättrig und nicht mürbe, die mit knackig gegartem und sehr aromatischem Kohlrabi in säurebetonter Schnittlauch-Beurre-Blanc angerichtet war und von den ätherischen Aromen von Dill und Salzzitrone subtil, aber doch entschieden akzentuiert war.

Im ersten warmen Fleischgang des Abends wurde schön kerniger und aromatisch ausdrucksstarker Nacken vom Livar-Klosterschwein neben einem Schichtwerk aus mit hausgemachter Blutwurstcreme gefülltem Wirsingröllchen, knusprigen Croûtons und rascheligem frittiertem Grünkohl auf einer mit Kümmel und Senfsaat aromatisierten Jus zum Besten gegeben. Auch dieses Gericht war bei aller Ausgewogenheit aromatisch mit viel Zug und Tiefenschärfe aufs Porzellan gebracht und stellte ein weit überdurchschnittliches Hauptprodukt in den Mittelpunkt.

Nominell ließ der als Reh, Rote Bete, Wintersalat und Cassis angekündigte Hauptgang auch kein originelles Highlight erwarten, doch genau das war dieses großartige Gericht. Und zwar einerseits wegen äußerst reizvoller Konsistenzen, die von einem richtig schön rösch und kross angegrillten und ansonsten bambihaft zarten, dabei kein bisschen mürben Rehrücken über die wie dehydriert anmutende, leicht ledrig wirkende Bete bis hin zu den saftigen eingelegten Johannisbeeren reichten. Andererseits auch wegen der sehr gut herausgearbeiteten Aromen, die von einem warmwürzig-orientalischen, an Quatre Epices erinnernden Gewürzhauch nicht dominiert, sondern subtil akzentuiert wurden.

Und diese Linie zog sich dann auch diesmal wieder konsequent bis in den süßen Bereich durch. Zunächst mit Kürbis als Salat und Eis, Mandarine, Shortbread-Crumbles und eine aus Kürbiskernen und Kürbiskernöl hergestellten cremigen Masse. Dann ganz traditionell, aber perfektionistisch, als buttrig-zimtiger Abschluss mit einer Art Buchtel nebst Zwetschgenröster und Schlagsahne. Und genau solche voll auf Qualität und Geschmack ausgerichteten Dinge sind dann auch der Grund, warum wir uns in diese Alte Liebe jedes Mal neu verlieben.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



Das GUSTO-Lexikon der Köche

Hier finden Sie einen Großteil der Küchenchefs, deren Restaurants im GUSTO-Führer empfohlen werden. Das Lexikon wird ständig ergänzt.

Das GUSTO-Ranking der besten Restaurants

Hier finden Sie eine tagesaktuelle Übersicht aller im GUSTO-Führer empfohlenen Restaurants - sortiert nach ihrer derzeitigen Bewertung.