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Fotos: Atelier

Atelier

im Hotel Bayerischer Hof
Promenadeplatz 2-6
80333 München
089-2120743

aktualisiert: 07 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 190-275 €

Auch wenn Anton Gschwendtner sich in seiner Kochlaufbahn vor dem Atelier selbst bereits einen guten Namen gemacht und es in der Vergangenheit zu hohen Bewertungen gebracht hatte – es waren schon sehr große Fußstapfen, in die er da im berühmten Hotel Bayerischer Hof im Herzen von München steigen musste. War sein Vorgänger in dem vom renommierten belgischen Kunsthändler und Innenarchitekten Axel Vervoordt in luxuriös-schlichtem Design mit dem Flair eines behaglichen Kunstateliers ausgestatteten Gourmetrestaurant doch kein Geringerer als Jan Hartwig, der hier im Rekordtempo alle Rekorde gebrochen hatte.

Und Gschwendtner tat gut daran, ihm nicht stilistisch nacheifern zu wollen. Stattdessen hat er seine eigene Richtung, die er zuvor schon im Stuttgarter Olivo eingeschlagen hatte, erfolgreich weitergeführt und versucht, sein Profil sukzessive zu schärfen. Auf den ersten Blick wirkt das sechsgängige Menü zwar wie eines von vielen, wie eine bunte internationale Melange mit ein bisschen Regionalika hier und ein bisschen Asiatika dort, mit Gelbschawanzmakrele und Krustentieren, Süßwasserfischen von Birnbaum, Geflügel von Miéral, Lamm und Wild aus Polting. Aber in der Ausführung und in den Details ist das alles andere als beliebig und vor allem deutlich präziser und substanzieller zubereitet, als in den allermeisten anderen Restaurants, die so oder so ähnlich kochen, weil sie auf die gleiche Produktpalette zurückgreifen und vielleicht vergleichbar kombinieren.

Die drei Apero-Snacks waren bereits aromatisch sehr ausdrucksstarke und haptisch ausgefuchste, zudem erfreulich vollmundige Kleinigkeiten. Auf kleinstem Raum waren hier einerseits als Baiser-Macaron die vermeintlichen Gegensätze von Pulpo und Sauerkraut mit Speck in harmonischen Einklang gebracht; des Weiteren gab es ein mit geschmortem Keulenfleisch von der Ente gefülltes und mit Peperonata herzhaft aromatisiertes Bao-Bun sowie rohen Wolfsbarsch als Tatar und Sashimi mit pikanter Espuma von Kimchi als süffiger Knuspersnack.

Dass es Anton Gschwendtner grundsätzlich gern kraftvoll zupackend mag und beim Würzen oft bis nah an die Grenze geht, verriet nicht nur die mit Bärlauch und Miso aromatisierte Butter und der mit feinsten Partikeln von knusprigem Speck, Kartoffel und Schnittlauch bedeckte Aufstrich zu dreierlei Brot, daran ließ auch das Amuse von Taschenkrebstatar, verschiedenen Gurkengewächsen und Alge keinen Zweifel. Denn was meist gerne mal etwas zaghaft daherkommt, war hier in fast jeder Komponente überraschend intensiv – mit etwas Zitronengranité und einer mit Yuzu herb zugespitzten sowie Umami spendender Eigelbcreme aber auch sehr frisch und akzentreich gestaltet.

Beim folgenden roh marinierten Hamachi, der mit einer generösen Nocke Osietra-Kaviar gekrönt war und ansonsten mit weißem Spargel, Radieschen, Kopfsalat-Komponenten und Piemonteser Haselnüssen zumindest vom Wortlaut her ebenfalls eher ein subtiles Gericht suggerierte, waren die Aromenregler ebenfalls sehr weit aufgedreht. Aber eben nicht zu weit! Ähnlich die Gambas aus Portugal, die mit grüner Spitzpaprika, Karotte und Koriander sowie einer intensiven schaumigen Krustentiersauce als Zwischengang aufgeboten wurden. Zitronengras war hier laut Karte auch im Spiel – viel deutlicher und fast schon grenzwertig intensiv aber das markante Aroma von Limettenblatt, das die Komposition zusammen mit der röstwürzigen Krustentieraromatik dominierte. Das korrespondierte prima mit dem Chardonnay aus der Piemonteser Langhe, der robusten Körper und Struktur, aber auch viel Chardonnay-untypische Frische und Klarheit britbrachte.

Ein schmissiger Akkord, der immer gut funktioniert, ist der Twist aus herzhafter Würze und herber Frische, den Räucherfisch und Zitrone anklingen lassen – und der hier in Gestalt von Nikolai Birnbaums mild geräuchertem Süßwasserstör und einer Zitronen-Beurre-Blanc aufs Porzellan gebracht wurde. Auch deren Begleitung setzte gekonnt auf Gegensätze, nämlich die von fluffig-weich und knackig-frisch, namentlich Kartoffelblini und Kohlrabiröllchen. Von etwas Katsoubushi mit dem typischen jodigen Umamikick aufgeladen und von Estragonöl mit einer duftigen Kräuternote abgerundet, hatte man es hier mit einem schmeichlerischen, sehr vollen und runden Fischgang zu tun. Einem mit Tiefe und Komplexität.

Überraschend war ausgerechnet jenes Gericht, von dem man am ehesten ein weiches, fülliges, mildwürziges Geschmacksbild hätte erwarten können, nämlich das Miéral-Perlhuhn mit Artischocken, Maitake, Pilzbouillon und Petersilienöl, ein sehr schlank zugespitzter Gang mit Spannungsbogen, mit viel Zug und Tiefenschärfe. Und ebenfalls überraschend erreichte uns mit dem Hauptgang rund um Sellerie, Pfifferlinge, Kerbel und mit Chartreuse abgeschmeckter Sauce ein eher sommerliches und fast schon erfrischend schlankes Wildgericht, das auch sehr weit von der braven Behäbigkeit entfernt war, die es bei der Speisekartenlektüre vielleicht zu suggerieren vermochte. Hier gab es jedenfalls von herrlich straffem, saftigem Fleisch, in klassischer Perfektion gebraten, über knackige aromatische Pilze und drei verschiedene Spielarten von Knollen- und Staudensellerie, bis zu den zwei spannungsgeladenen Saucen, jede Menge Ausdruckskraft und Tiefenschärfe.

Und von diesen Eigenschaften profitierte auch das Dessert um als „Delice“ annoncierte Vielfalt unterschiedlicher sehr natürlich intensiver Spielarten von der Erdbeere (Sorbet, Gelee, Gel, mariniert, als Sphäre…), die im Verein mit herbfrischem Zitronenverbeneeis und einem Hauch von 65%iger Maracaibo-Schokolade von Felchlin für Schmelz und Tiefe aufgefahren wurden. Auch das handwerklich makellos umgesetzt und trotz der Intensität in allen Komponenten sehr ausgewogen und elegant.

Ausgewogen sind auch die präzisen Weinempfehlungen von Shahzad Talukder, die der sympathische Sommelier dem Gast ebenso versiert wie gelassen näherbringt. Zusammen mit Restaurantleiterin Daniela Heizmann und den anderen Kolleginnen und Kollegen sorgt das Team auch sonst mit einer guten Mischung aus Professionalität und Nahbarkeit für eine gute, dem entspannten Genuss förderliche Grundstimmung bei der sehr internationalen Klientel des Hauses.

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